Top 5: Abkommen, die die Geschichte Luxemburgs geprägt haben Fünf Verträge, die unsere Vergangenheit bereicherten, unsere Gegenwart mitbestimmen und Wegweiser für unsere Zukunft sind

Unsere Top 5-Reihe befasst sich diesmal mit internationalen Verträgen, die von Luxemburg unterzeichnet wurden. Wir müssen gewiss einige bedeutende Verträge ausklammern, aber anhand der ausgewählten fünf Abkommen, die unsere Vergangenheit bereicherten, unsere Gegenwart mitbestimmen und Wegweiser für unsere Zukunft sind, können wir Schlüsselmomente der luxemburgischen Geschichte einfangen.

Londoner Verträge – 1839 und 1867

Londoner Verträge im Plural, da es zwei gibt, die beide für das Verständnis des heutigen Luxemburgs essentiell sind.

Der erste Londoner Vertrag vom 19. April 1839 stellt einen Wendepunkt in der Geschichte des Landes dar. Er verlieh dem Großherzogtum durch die Festlegung der Grenzen, die sich seitdem nicht mehr geändert haben, sein heutiges Antlitz. Die Geschichte dieses Vertrags ist eng mit der Unabhängigkeit von Belgien im Jahr 1830 verbunden: die Großmächte, die um eine schnelle Beseitigung des Revolutionsherdes bemüht waren, beschlossen, Belgier und Niederländer durch die Gründung des Königreichs Belgien zu trennen und gleichzeitig das Großherzogtum zwischen den beiden Gegnern aufzuteilen. Das belgische Parlament stimmte zu ..., Wilhelm I. lehnte es jedoch acht Jahre lang ab. Erst 1839 stimmte der König der Niederlande dem Beschluss zu und schloss mit Frankreich, Österreich, Großbritannien, Preußen und Russland den Vertrag. Nun gab es zwei Luxemburgs: das belgische Luxemburg (heutige belgische Provinz) und das Großherzogtum, das unter der Hoheit der Dynastie Oranien-Nassau verblieb, jedoch seine derzeitige geografische Form erlangte: 2.586km2.

Das nunmehr territorial unabhängige Großherzogtum blieb sowohl mit den Niederlanden durch seine Dynastie als auch mit Deutschland durch seine Mitgliedschaft im Deutschen Bund verbunden. 1866 führte der Österreichisch-Preußische Krieg zur Auflösung dieses Bundes. Angesichts der Expansion Preußens suchte Frankreich nach einem territorialen Ausgleich und versuchte, Luxemburg zu erwerben. Wilhelm III. akzeptierte das Geschäft, aber Preußen besetzte noch Luxemburg-Stadt und widersetzte sich. Die Großmächte versuchten, diese neue Krise zu lösen, und kamen in London zu einem Kongress zusammen. Mit dem Londoner Vertrag vom 11. Mai 1867 wurde ein Kompromiss erzielt: Preußen zog seine Garnison ab, die Festung wurde geschleift, und das Großherzogtum wurde zu einem auf ewig neutralen Staat erklärt. Im Gegenzug verzichtete Frankreich auf seine Territorialansprüche.

Die Schleifung der Festung nach 1867 eröffnete neue Entwicklungsmöglichkeiten, darunter eine neue Wirtschaft rund um die Rosen in Limpertsberg.
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Kleine Anekdote

Die Londoner Verträge brachten Luxemburg nicht nur Unabhängigkeit und Neutralität, sondern auch eine ganz neue Wirtschaft rund um Rosen. Das ehemalige militärische Brachland des Glacisfeldes und des Limpertsberg, auf dem jegliche Bebauung aus strategischen Gründen bisher verboten war, stand nunmehr zur Verfügung, und auf die Rosenzucht spezialisierte Gärtner ließen sich dort nieder. Der Erfolg war derart, dass Luxemburg in der Zeit der Belle Époque als Land der Rosen bekannt war!

Belgisch-Luxemburgische Wirtschaftsunion - 1921

Vor dem ersten Weltkrieg war Luxemburg durch den Zollverein wirtschaftlich mit Deutschland verbunden. Diese Union war für Luxemburg äußerst gewinnbringend und ermöglichte die Entwicklung der inländischen Stahlindustrie. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg verließ Luxemburg jedoch die Union und schloss mit Belgien die Belgisch-Luxemburgische Wirtschaftsunion (UEBL). Das entsprechende Abkommen wurde zunächst für eine Dauer von 50 Jahren unterzeichnet und anschließend regelmäßig verlängert, sodass die Grundlage für ein dauerhaftes Band zwischen beiden Ländern geschaffen wurde. Der belgische Franc wurde zur gemeinsamen Währung, ohne dass Luxemburg jedoch auf das Recht zur Emission von Geld in Luxemburger Währung verzichtet hätte.

Heutzutage besteht die Zusammenarbeit jedoch nicht nur in den Wirtschafts- und Währungsbereichen, sondern geht weit darüber hinaus. Die Verlängerungen der Abkommen bieten einen Rahmen für verstärkte politische und administrative Zusammenarbeit, und zwar insbesondere in den Bereichen Zoll- und Verbrauchsteuern, Justiz, Sicherheit der Bürger und Gesundheit.

Möchten Sie wissen, was die UEBL heute für die luxemburgischen und belgischen Bürger bedeutet? Dann lassen Sie sich die Videoreihe anlässlich der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Abkommens nicht entgehen.

Kleine Anekdote

Die belgisch-luxemburgische Liebe war keineswegs Liebe auf den ersten Blick. Im Rahmen des Doppelreferendums von 1919 stimmten die Luxemburger in der Tat zu 80% für den Erhalt der Dynastie und zu 73% für eine Wirtschaftsunion mit Frankreich... Frankreich schlug das luxemburgische Angebot jedoch aus! 1920 nahm Luxemburg Verhandlungen mit Belgien auf, die zur Unterzeichnung des Abkommens zur Gründung der UEBL führten. Nunmehr eine konsolidierte Liebesgeschichte, die ihre Himmelshochzeit, d. h. ihr 100-jähriges Bestehen, zelebrierte.

Charta der Vereinten Nationen - 1945

Der Zweite Weltkrieg führte zu einer Neuorientierung der luxemburgischen Außenpolitik. Am 10. Mai 1940 war Luxemburg von den Deutschen besetzt, und Großherzogin Charlotte sowie die Regierung gingen ins Exil und ließen sich in London und Ottawa nieder, wo sie sich unter den Alliierten engagierten. Luxemburg gab seinen Neutralitätsstatus auf und konnte auf einen Platz in der sich nach 1945 herausbildenden internationalen Gemeinschaft zählen. Das Großherzogtum wurde so Gründungsmitglied aller auf multilateraler Zusammenarbeit beruhender Organisationen der Nachkriegszeit, unter anderem der Organisation der Vereinten Nachtionen.

Die Charta der Vereinten Nationen wurde zwischen 1941 und 1945 ausgearbeitet, während die Bekämpfung der Achsenmächte noch im Gange war. Ausgangspunkt war die 1941 unterzeichnete Londoner Erklärung, in der sich die Unterzeichner verpflichteten, "sowohl in Kriegs- als auch in Friedenszeiten gemeinsam mit den anderen freien Völkern zu agieren". Es folgte eine Reihe von Dokumenten und Konferenzen, die zur Gründung der Organisation und anschließend zur Abfassung der Charta führten. Anlässlich der Konferenz von San Francisco, in der Vertreter aus 50 Staaten zusammen kamen, wurde die Charta der Vereinten Nationen schließlich am 25. Juni 1945 einstimmig verabschiedet. Luxemburg ist Gründungsland der Organisation und trug ebenfalls zur Abfassung der Charta bei.

Seit Oktober 2021 hat Luxemburg einen Sitz im Menschenrechtsrat, einem zwischenstaatlichen Organ des Systems der Vereinten Nationen. Er setzt sich aus 47 Staaten zusammen, die von der Generalversammlung gewählt werden und für die verstärkte Förderung und den verstärkten Schutz der Menschenrechte weltweit verantwortlich sind. Es handelt sich um das erste Mandat Luxemburgs im Rat seit dessen Gründung im Jahr 2006 und gilt für den Zeitraum 2022-2024.

Die Skulptur 'Non-violence' des schwedischen Künstlers Carl Fredrik Reuteswärd, die am Sitz der Vereinten Nationen in New York ausgestellt ist, wurde 1988 von der luxemburgischen Regierung gestiftet.
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Geschichte einer Skulptur

Non Violence ist eine Skulptur, die vom schwedischen Künstler Carl Fredrik Reuterswärd nach der Ermordung des Musikers und Sängers John Lennon im Jahr 1980 geschaffen wurde. Das Werk zeigt einen Revolver mit verknotetem Lauf und gilt als Symbol für Gewaltlosigkeit. Es gibt drei Originalexemplare der Skulptur, wobei zwei davon mit dem Großherzogtum verbunden waren. 1988 schenkte die luxemburgische Regierung eines der Originale der UNO, und es befindet sich nun auf dem United Nations Plaza in New York. Ein anderes Exemplar steht am Sitz der Europäischen Kommission im Stadtviertel Kirchberg in Luxemburg.

Benelux-Verträge – 1948, 1958 und 2008

Der Beginn der Nachkriegszeit spiegelte sich auch auf Ebene der regionalen Zusammenarbeit wider. 1943 unterzeichneten Belgien, die Niederlande und Luxemburg ein Währungsabkommen, in dem der Wechselkurs zwischen dem belgisch-luxemburgischen Franken und dem niederländischen Gulden festgesetzt wurde. Darauf folgte die Gründung einer Zollunion: das Benelux-Zollabkommen trat 1948 in Kraft. Die Beziehungen zwischen diesen drei Ländern wurden noch weiter ausgebaut: mit dem Vertrag vom 3. Februar 1958 wurde die Benelux-Wirtschaftsunion mit einer ursprünglichen Laufzeit von 50 Jahren eingeführt. Dieser letzte Vertrag diente der Erweiterung und Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern, indem er es Letzteren insbesondere ermöglichte, eine gemeinsame Politik auf finanzieller und sozialer Ebene zu verabschieden.

Die Benelux-Länder spielten eine Vorreiterrolle für die Vertiefung der europäischen Kooperation in der Nachkriegszeit. Bestimmte Bereiche, die durch den Vertrag der Benelux-Wirtschaftsunion angestoßen wurden, war in der Tat äußerst erfolgreich, und ihre Anwendung wurde auf die europäische Ebene ausgedehnt, und zwar insbesondere der freie Personenverkehr, der Binnenmarkt oder die polizeiliche Zusammenarbeit.

Angesichts des Auslaufens des Vertrags von 1958 nach 50 Jahren und um der Zusammenarbeit der Benelux-Länder neue Impulse zu verleihen, wurde 2008 ein neuer Vertrag mit einem neuen Namen unterzeichnet: die Benelux-Union. Die Union fokussiert sich seitdem auf drei Hauptthemen: den Binnenmarkt und die Wirtschaftsunion; die nachhaltige Entwicklung, sowie die Justiz und innere Angelegenheiten.

60. Jahrestag der Unterzeichnung des Vertrags zur Gründung der Benelux-Wirtschaftsunion am 5. Juni 2018 in Brüssel - Gästebuch.
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Luxemburgischer Vorsitz der Benelux-Union 2022

Luxemburg hat 2022 den Vorsitz des Ministerkomitees der Benelux-Union. Die wesentlichen Arbeitsschwerpunkte drehen sich rund um drei Hauptanliegen: gestärkt aus der Pandemie hervorgehen; Synergien mit den Nachbarregionen fördern und sich für grüne, sichere und wettbewerbsfähige Benelux-Länder einsetzen.

Römische Verträge – 1957 – und Schengener Abkommen – 1985 und 1990

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Luxemburg seinen Platz auf regionaler und internationaler Ebene langsam wiedergefunden. Die entscheidende Öffnung erfolgte allerdings erst im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses. Vielleicht war es kein Zufall, dass die historische Initiative zur Einigung der Europäer von einem französischen Außenminister ausging, der in Luxemburg als Sohn eines französischen Vaters und einer luxemburgischen Mutter geboren wurde, nämlich Robert Schuman. Als Schuman 1950 seinen Plan zur Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) ins Leben rief, war Luxemburg mit eingebunden.

Die EGKS war ein erster Schritt auf dem gemeinsamen europäischen Weg, der sich einige Jahre später festigte. 1957 unterzeichnete Luxemburg mit Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien und den Niederlanden die Römischen Verträge über die Gründung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Nutzung der Kernenergie (Euratom). In den Verhandlungen gelang es der Regierung, den Grundsatz der Rechtsgleichheit aller Staaten, auch des kleinsten, durchzusetzen und eine direkte Vertretung in den europäischen Institutionen zu erreichen.

Die Erweiterung um neue Mitgliedstaaten und die Unterzeichnung neuer Verträge haben der EWG erlaubt sich weiterzuentwickeln. Aus ihr bildete sich dann in den nachfolgenden Jahrzehnten die Europäische Union heraus, wie wir sie heute kennen. Unter den zahlreichen Verträgen, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben, sind die Schengener Abkommen besonders eng mit Luxemburg assoziiert. "Die Schengener Abkommen stehen sinnbildlich für unser Land", erklärt die Leiterin des Europäischen Museums Schengen. "Dank dieser Abkommen wurde Luxemburg als Land bekannt, in dem die Grundsätze der Europäischen Union gebührend gelebt wurden". Das erste Abkommen wurde am 14. Juni 1985 auf dem Schiff MS Princesse Marie-Astrid unterzeichnet. Am 19. Juni 1990 wurde am selben Ort ein zweites Abkommen unterzeichnet, um die gesetzlichen Modalitäten für die Anwendung des ursprünglichen Vertrags festzusetzen. Heute stellen sie den Eckstein des freien Verkehrs zwischen den Mitgliedstaaten dar und stehen symbolisch für die Offenheit, die Tag für Tag in Luxemburg erlebt werden kann.

Das Schiff MS Princesse Marie-Astrid, das einige Jahre lang unter dem Namen MS Regensburg fuhr, wird zu einem Ausstellungsraum umgebaut.
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MS Princesse Marie-Astrid, ein historisches Schiff

2021 erwarb Luxemburg das Schiff MS Princesse Marie-Astrid, auf dem 1985 das Schengener Abkommen unterzeichnet worden war. Das ehemalige Schiff fuhr seit einigen Jahren eigentlich unter dem Namen MS Regensburg als Ausflugsschiff auf der Donau. Das Großherzogtum beabsichtigt den Umbau des Schiffs zwecks Einrichtung eines Ausstellungs- und Performanceraums sowie die Errichtung eines neuen Kais in Schengen. Das Schiff dient weiterhin der Schifffahrt und ist in Schengen in der Nähe des Europäischen Museums Schengen angedockt. Anlässlich besonderer Veranstaltungen kann das Schiff quer durch Europa navigieren!