Luxemburgs Rosen-Erbe

Wussten Sie, dass Luxemburg in der Zeit der Belle Époque als Land der Rosen bekannt war? Tatsächlich spezialisierten sich 1855 zwei junge Gärtner in ihrer Baumschule in Limpertsberg auf die Züchtung von Rosen. Die einzigartigen Züchtungen dieser Baumschule haben nicht nur zahlreiche internationale Preise gewonnen, sondern waren auch ein großer wirtschaftlicher Erfolg. Aufgrund dieses Erfolgs wurden weitere Unternehmen gegründet und Luxemburg wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer Hochburg der Rosenzucht. Mehr als 260 neue Rosensorten wurden hier gezüchtet!

Das goldene Zeitalter der luxemburgischen Rosen: Von Limpertsberg in die ganze Welt

Das Stadtviertel Limpertsberg ist mit den Rosen in Luxemburg untrennbar verbunden. Ein kurzer Einblick in die Geschichte erklärt, warum sich die ersten Rosenzüchter für diesen Ort entschieden haben. Im Anschluss an den Wiener Kongress (1815) und die Londoner Konferenz (1838) waren Luxemburgs Neutralität und Unabhängigkeit sichergestellt. In diesem Zusammenhang stand das ehemalige militärische Brachland des Glacis und Limpertsbergs, auf dem jegliche Bebauungen aus strategischen Gründen bisher verboten waren, nunmehr zur Verfügung. Hier siedelten sich ab 1850 diese zukunftsorientierten Unternehmer an.

Jean Soupert und Pierre Notting waren zwei junge Gärtner, die sich auf die Rosenzucht spezialisiert hatten und im Jahr 1855 ihre Baumschule gründeten. Ihre außergewöhnlichen Züchtungen gewannen bei internationalen Wettbewerben zahlreiche Preise und lockten ein wohlhabendes Klientel an, das sich für Luxus interessierte. In kürzester Zeit ließen sich weitere Rosenzüchter am Limpertsberg nieder: Die Gebrüder Ketten und Charles Gemen waren neben Soupert und Notting die weit über Luxemburg hinaus bekanntesten Namen.

So wurden die in Luxemburg gezüchteten Rosen um 1900 in die ganze Welt exportiert. Bis zu 10 Millionen Pflanzen im Jahr! Hochrangige Kunden wie Könige, Prinzen und Präsidenten kauften die luxemburgischen Rosen. Sie blüten selbst in der Gärten des Zars in Sankt Petersburg.

Der Erste Weltkrieg setzte dem Goldenen Zeitalter der luxemburgischen Rosen ein Ende. Einerseits wegen mangelnden männlichen Arbeitskräften und finanziellen Engpässen der Kunden, aber vor allem auch aufgrund des politisch-wirtschaftlichen Embargos gegenüber eines Landes, das zum Deutschen Zollverein gehörte. Als Mitglied dieses deutschen Zollvereins seit 1842, galt Luxemburg als ein feindliches Land. Somit traute sich die französische Kundschaft, die vor dem Krieg etwa 75% des Umsatzes ausmachte, nicht mehr, die Rosen zu bestellen, und der Markt brach zusammen.

Aber auch die wirtschaftliche Rezession in der Nachkriegszeit, die Reblaus, die in den 20iger Jahren die Rosen und Rebstöcke in ganz Europa vernichtete, und der Zweite Weltkrieg trugen zwangsläufig zum Ende des Goldenen Zeitalters der luxemburgischen Rosen bei.

Die Wiedergeburt der Rosentradition in Luxemburg

Die Liebe der Luxemburger für ihre Rosen ist so stark, dass sie auch die erlebten Rückschläge nicht erschüttern können. Seit den 80iger Jahren des 20. Jahrhunderts erwecken mehrere Kollektive die Rose zu neuem Leben.

Der 1980 zur Förderung der Rosenzüchtung gegründete Verein Lëtzebuerger Rosefrënn legte 2017 den Rosengarten des Schlosses von Munsbach an. Der Garten ist für die Öffentlichkeit jederzeit kostenlos zugänglich. Ein Besuch lohnt sich!

Das Patrimoine roses pour le Luxembourg hat seinerseits vor allem die Aufgabe, das luxemburgische Rosen-Erbe in den Köpfen, Herzen und Gärten neu zu beleben. In diesem Zusammenhang werden Kurse über Rosenpflege und Besichtigungen der Rosengärten angeboten, und Öffentlichkeitsarbeit in der jüngeren Generation geleistet.

Wissen Sie, wer Anne Beffort ist?

Die 1880 in Neudorf geborene Anne Beffort war eine Pionierin. Sie war in der Tat die erste Frau im Lehramt des Großherzogtums, die erste Luxemburgerin, die einen Doktortitel erhielt (1909) und Mitgründerin des Mädchen-Gymnasiums in Luxemburg.

Sie wird erst seit Kurzem mit den Rosen in Verbindung gebracht. Zur Jubiläumsfeier anlässlich des 100. Geburtstags ihrer Benennung zur ersten Lehrerin in Luxemburg im Jahr 1919, hat der Verein Patrimoine roses pour le Luxembourg einen Rosenstock nach ihr benannt. Ganz im Sinne dieser unerschütterlichen Frau, handelt es sich um eine parfümierte, lachsrosane, stark blühende und robuste Kletterrose.

Das heutige Rosen-Erbe entdecken: zurück zum Limpertsberg und in den Alltag

Sie sind bestimmt schon durch die alten Rosengärten am Limpertsberg spaziert, ohne es zu wissen. Denn zwischen der Avenue de la Faïencerie und der Avenue Victor Hugo befanden sich tatsächlich die Gärten der berühmten internationalen Rosenzüchter: Soupert-Notting, Ketten und Gemen.

Auch wenn diese Gärten nicht mehr existieren, verstecken sich in diesem Viertel noch Schätze aus der goldenen Ära der luxemburgischen Rosen, die Sie entdecken können, wenn Sie dem Rundweg RosaLi folgen. Beispiele:

  • Am Friedhof Notre-Dame, sind Rosen in architektonischer und pflanzlicher Form zu sehen.
  • Das ehemalige Soupert-Notting-Haus befindet sich in der Avenue de la Faïencerie. Dieses große neogotische Bauwerk war zwischen 1861 und 1989 der Sitz und die Arbeitsstätte der Rosenzüchter und ihrer Nachkommen. Heute befindet sich die Fakultät für Rechtswissenschaften, Wirtschaft und Finanzen der Universität von Luxemburg in diesem Gebäude.
  • Die Avenue du Bois und ihre mit Rosen bepflanzten Strassen-Gärten. Schöne Jugendstil-Fassaden mit gemeißelten Rosen (Nr. 73)
  • Die Straßen, deren Namen den Rosenzüchtern und Blumen gewidmet sind: Rue Melchior Bourg-Gemen, Rue Evrard Ketten, Rue Jean Soupert, Rue des Roses, Kreisverkehr der Rosen...

Die Rosengärten reichen weit über den Limpertsberg hinaus: Sie können sie in Mersch, Mondorf, Walferdingen oder Esch an der Alzette besichtigen.

So finden wir in unserem alltäglichen Leben Rosen an den merkwürdigsten Stellen... zum Beispiel in der Rose Butter von Luxlait, mit ihrem seit 1932 unveränderten und AOP-geschützten Rezept.

Das Kulturerbe der Rosen ist aus Luxemburg nicht wegzudenken!

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