Mr Science oder Wissenschaft für alle
Wer hat nicht manchmal den Eindruck, die jüngsten technischen Fortschritte nicht zu verstehen? Wer hat sich nicht irgendwann schon einmal trotz des gesellschaftlichen Einflusses der Wissenschaft als Dilettant auf diesem Gebiet gefühlt? Die Wissenschaftskommunikation spielt eine zentrale Rolle in den wissensbasierten Gesellschaften, indem sie die Kluft zwischen Forschern und der breiten Öffentlichkeit zu überbrücken versucht. Dieser Herausforderung gewiss, bietet der Nationale Forschungsfonds (FNR) eine ganze Reihe von Instrumenten zur Wissenschaftsvermittlung an. Unter den zahlreichen Initiativen für das junge Publikum ist Mr Science zum echten Rockstar geworden.
Mr Science, Vermittler zwischen Wissenschaft und Gesellschaft
Seit 15 Jahren begeistert Mr Science sein Publikum für die Wissenschaft. Von 2009 bis 2021 beantwortete er alle erdenklichen Fragen in seiner Wissenschaftssendung auf Eldoradio, einem lokalen Radiosender, der sich vor allem an ein junges Publikum richtet. Im Fernsehen wird auf RTL bereits die 14. Staffel der Sendung Pisa de Wëssensmagazin ausgestrahlt! Seine Reportagen und Experimente in den Bereichen Physik, Chemie, Biologie und Medizin haben ein treues Publikum gefunden. Der den Fernsehzuschauern sehr vertraut gewordene Experte ist auch ein zuverlässiger Berater für Journalisten. Zudem organisiert er Weiterbildungen für luxemburgische Lehrkräfte und gibt auch Kurse in Wissenschaftskommunikation an der Universität Luxemburg.
Doch wer steckt hinter dieser fiktiven Persönlichkeit, die zum Rockstar des luxemburgischen Wissenschaftspanoramas geworden ist? Joseph Rodesch ist Angestellter des FNR, und seine Rolle als Vermittler zwischen Wissenschaft und Laien ist für die Einrichtung von essentieller Bedeutung. Wir lassen sein nahezu 15-jähriges Engagement Revue passieren und sprechen mit ihm über die Rolle der Wissenschaftskommunikation in unserer Gesellschaft.
Sie haben Chemie in Aachen studiert und dann angefangen, im Bereich der Wissenschaftskommunikation zu arbeiten. Was hat Sie genau in diese Richtung gelenkt? Gab es ein besonderes Ereignis, das Ihr Interesse für die verständliche Vermittlung von Wissenschaft gegenüber einem vor allem jungen Publikum ausgelöst hat?
Seit meiner Kindheit liebe ich Experimente, wobei einige ziemlich gefährlich waren. Im Gymnasium hat mich Chemie fasziniert, da sie mir geholfen hat, eine Reihe von Zusammenhängen zu verstehen, die bei mir für ein besseres Verständnis der Welt um uns herum gesorgt haben. Bei meiner ersten aktiven Teilnahme am Science Festival 2003 als Praktikant habe ich gemeinsam mit einem Kollegen meine Leidenschaft für wissenschaftliche Demonstrationen vor einem Publikum entdeckt, und die Leiterin des Workshops (Montserrat Filella) hat uns dabei ganz frei gewähren lassen. Nach diesem ersten "Auftritt" hat uns das Nationalmuseum für Naturgeschichte wiederholt für Workshops und Shows engagiert, die sogar im Ausland stattfanden, was mein Interesse zunehmend gesteigert hat.
Für den FNR ist das öffentliche Engagement wesentlicher Bestandteil der Forschung und eine gemeinsame Verantwortung der Forschungseinrichtungen und Geldgeber. Nach Ansicht der Einrichtung ist Mr Science ein wichtiges Rad im Getriebe der Förderung von Wissenschaft in der Öffentlichkeit. Warum spielt die Wissenschaftskommunikation Ihrer Meinung nach eine zentrale Rolle in unseren Gesellschaften?
Die wissenschaftlichen Vermittler - allein in Luxemburg gibt es über 100 - wählen die interessantesten Erkenntnisse im Bereich der Wissenschaft aus und präsentieren sie einem breiteren Publikum auf verständliche und häufig unterhaltsame Art und Weise. Dies ist zum einen sehr nützlich für die Gesellschaft, da es sich dabei um die einzige Art und Weise für einen Laien handelt, von diesem wichtigen Wissen Kenntnis zu erhalten, und zum anderen auch zweckmäßig für Forscher, da viele von ihnen nicht über die Zeit und oft auch nicht über die notwendige Routine verfügen, ihre Erkenntnisse einem weniger informierten Publikum zu vermitteln. Die Wissenschaftskommunikation ist eine notwendige Verbindung zwischen diesen beiden Welten.
Sie verkörpern Mr Science seit fast 15 Jahren. Haben Sie eine Entwicklung im Hinblick auf das Interesse festgestellt, das die Wissenschaft beim jungen Publikum weckt?
Ja, absolut - viele Dinge haben sich im Laufe der letzten 15 Jahre verändert - aber das hängt natürlich nicht nur mit mir zusammen. Was mich am meisten freut, ist die veränderte Haltung gegenüber der Wissenschaftskommunikation. Während Hochschullehrer früher noch häufig die Ansicht vertraten, dass es vergeudete Zeit sei, sich in der Wissenschaftskommunikation zu engagieren, sehen die meisten von ihnen heute ihr großes Potenzial und ihre Bedeutung für die Gesellschaft.
Die jüngste Gesundheitskrise hat uns den Bedarf an einer effizienten Wissenschaftskommunikation gegenüber einem erwachsenen Publikum gezeigt, was unser Verständnis für die wesentlichen Herausforderungen auf globaler Ebene verbessern kann. Setzt sich der FNR vor diesem Hintergrund für spezifische Wissenschaftskommunikationspläne für die breite Öffentlichkeit ein oder sieht diese vor?
Die Pandemie hat uns gelehrt, dass ein wissenschaftliches Thema urplötzlich im Zentrum des Geschehens und des Interesses aller stehen kann. Es war interessant festzustellen, dass die gesamte Wissenschaft in der Öffentlichkeit ebenfalls infrage gestellt wurde. Dies war die Gelegenheit klarzustellen, was Wissenschaft kann und nicht kann, und zu zeigen, dass Kenntnisse nie in Stein gemeißelt sind. Weitere große Themen verdienen das Interesse der gesamten Gesellschaft: Klimawandel, Energiewende, Genetik, künstliche Intelligenz, Arbeitswelt... Das Team von science.lu verfolgt die Entwicklung aller dieser Themen genau, wobei die Voraussage schwierig ist, ob sich daraus eine Interessensdynamik entwickelt, die mit derjenigen vergleichbar ist, die wir erlebt haben.
Könnten Sie zum Schluss mit unseren Lesern das schönste Experiment teilen, das Sie bisher als Mr Science erlebt haben?
Oh, da gibt es viele. Ich kann ein Experiment zum hundertsten Mal machen und bin immer noch davon fasziniert. Am liebsten mag ich Experimente, bei denen ich Teil bin. Wenn ich eines nennen müsste, wäre es mein Loopingexperiment in einem Flugzeug. Ich wollte testen, ob ein Glas Wasser bei einem Looping kopfüber gehalten werden kann, ohne dass dabei das Wasser herausläuft. Aus rein physikalischer Sicht ist das nichts Weltbewegendes, aber wenn man das Glas Wasser während des Loopings in der Hand hält, ist es eine unglaublich coole Erfahrung. Solche Momente der Freude erlebe ich bei meiner Arbeit regelmäßig, und dafür bin ich sehr dankbar.
Die Wissenschaftskommunikation an der Universität Luxemburg
Die Universität Luxemburg bietet eine Promotion in Wissenschaftskommunikation an: DESCOM (doctoral education in science communication, auf Englisch). Der Kurs steht luxemburgischen Doktoranden aus allen Forschungsbereichen offen und bietet ihnen eine Einführung in die Organisationsstrukturen der Wissenschaftskommunikation und in die wesentlichen Kommunikationstools.
Im Rahmen der DESCOM organisiert die Universität ebenfalls Sensibilisierungsaktivitäten zur Förderung der Interaktionen zwischen Universität und Öffentlichkeit. Beispielsweise von Doktoranden und Künstlern entworfene wissenschaftliche Comics über die Forschung in Luxemburg. LUX:plorations ist der jüngste Comic, der in englischer, französischer, deutscher oder luxemburgischer Sprache auf sciencecomics.uni.lu heruntergeladen werden kann.
Haben Sie Lust, mehr über die Grundsätze der Wissenschaftskommunikation zu erfahren? Dann sehen Sie sich den von DESCOM veröffentlichten Pocket Guide an.
Das Engagement der Universität Luxemburg im Bereich der Wissenschaftskommunikation zeigt, inwieweit Letztere eine zentrale Rolle in unseren Gesellschaften spielt, indem sie uns alle - Vermittler und breite Öffentlichkeit - darauf vorbereitet, die gesellschaftlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Wissenschaft differenzierter zu erfassen.
Wissenschaft für 6-99-Jährige: Events, die es nicht zu verpassen gilt!
Der FNR organisiert zwei Events mit, die im Panorama der Wissenschaftsverbreitung in Luxemburg unumgänglich geworden sind: die Researchers' Days und das Science Festival, die abwechselnd stattfinden.
Im November sind die Researchers' Days an der Reihe: die Gelegenheit, um selbst Hand anzulegen, Fragen zu stellen, die Sie interessieren, und einen sehr konkreten und persönlichen Einblick in die Welt der Forschung zu erhalten. Der erste Tag ist ausschließlich den Oberschulen vorbehalten, an denen heute die Wissenschaftler von morgen ausgebildet werden; der zweite Tag ist der breiten Öffentlichkeit zugänglich, und der Eintritt ist frei. Es wurden bereits zahlreiche Workshops angekündigt, also können Sie Ihren Besuch ganz nach Ihren Interessen vorbereiten: Klimakrise, künstliche Intelligenz, Robotik, Raumfahrtmissionen Die Qual der Wahl für 6-99-Jährige!
Das Science Festival findet gewöhnlich im November statt.
Wenn Forscher auf die nächsten Generationen von Wissenschaftlern treffen
Seit 2010 lassen Forscher an der Schule Jugendliche einen Beruf entdecken, über den viele nur wenig wissen. Der FNR organisiert Treffen, während denen Forscher aus allen wissenschaftlichen Fachbereichen Schülern ihr Forscherleben beschreiben können: von ihren Anfängen als Studenten, über ihre Entscheidung für den ein oder anderen wissenschaftlichen Bereich, die ersten Schritte im Berufsleben bis hin zu den Herausforderungen und Chancen einer Karriere. Für Jugendliche ist dies die ideale Gelegenheit, alle Fragen zu stellen, die ihnen in den Sinn kommen, und Informationen über die Vorteile, aber auch über etwaige Nachteile eines wissenschaftlichen Berufs zu erhalten.
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