Luxemburg auf der Biennale in Venedig

Seit 1988 nimmt Luxemburg regelmäßig an "La Biennale di Venezia" teil. Alle zwei Jahre, im Wechsel mit der Architekturbiennale, vertritt ein Künstler das Großherzogtum auf dieser großen internationalen Veranstaltung für zeitgenössische Kunst. 2003 gewann Luxemburg den Goldenen Löwen für den besten Pavillon und seit 2019 befindet sich der luxemburgische Pavillon in den historischen Räumen der Sale d'Armi im Arsenale. Verfolgen Sie in diesem Artikel mit uns die Geschichte dieses venezianischen Abenteuers anhand von Projekten, die unsere Erinnerung maßgeblich geprägt haben.

Die Biennale von Venedig wurde 1893 gegründet, um die wirtschaftliche und touristische Entwicklung der Stadt zu fördern. Auf der Biennale wird die Kunst nach Nationen repräsentiert, was sie auch von allen anderen Biennalen unterscheidet. Luxemburgs Debüt bei dieser prestigeträchtigen Veranstaltung war schwierig. Leider fand die erstmalige Teilnahme im Jahr 1956 keinerlei Fortsetzung, zumindest nicht direkt... Das Großherzogtum stellte jedoch weiterhin mehrere Jahre lang auf der Biennale von São Paulo aus. Von 1953 bis 1972 überquerten Werke luxemburgischer Künstler den Atlantik. Aufgrund der rückläufigen Resonanz und ständig steigender Transportkosten beendete das Großherzogtum jedoch seine Teilnahme an dieser Biennale. 1988 kehrte Luxemburg nach Venedig zurück und ein neues Abenteuer begann.

Erste Teilnahme Luxemburgs

1956  stellt Luxemburg den Maler Joseph Kutter und den Bildhauer Auguste Trémont zum ersten Mal an der Biennale von Venedig aus, kuratiert von Joseph-Émile Muller, dem Leiter der Abteilung für ästhetische Bildung der Staatlichen Museen. Die Ausstellung fand in einem Teil des Italia-Pavillons statt. Gezeigt wurden fünfzehn Gemälde und sieben Skulpturen. Erklärtes Ziel war es, luxemburgische Künstler im Ausland bekannt zu machen.

Aus Platzgründen wird Luxemburg ab 1958 nicht mehr zur Biennale eingeladen. Ab diesem Zeitpunkt schickte das Großherzogtum die künstlerischen Arbeiten seiner bildenden Künstler nach Brasilien, genauer gesagt zur Biennale von São Paulo. Joseph Kutter beteiligte sich 1953 posthum mit einer kleinen Retrospektive aus sieben Gemälden.

Joseph Kutter (1894-1941) gilt als einer der bedeutendsten Maler Luxemburgs. Beeinflusst vom Impressionismus entwickelte er einen eigenen, eher expressionistischen Stil, der sich in seinen Porträts, Landschaften und Stillleben wiederfindet.

Auguste Trémont (1892-1980) war ein luxemburgischer Maler und Bildhauer. Er machte seine Ausbildung an der École nationale des arts décoratifs de Paris und ist vor allem für seine Tierskulpturen und seine großen öffentlichen Auftragsarbeiten bekannt.

Die Rückkehr zur Biennale

Dreißig Jahre nach der ersten Teilnahme stellte sich das Kulturministerium auf Initiative der Künstlerin Patricia Lippert erneut der Herausforderung, sich an den künstlerischen Realitäten in Venedig zu messen.

Auf einer Ausstellungsfläche von 20m2 präsentierte Luxemburg 1988 erneut - wenn auch mit Zurückhaltung - im Italia-Pavillon zwei nationale Künstler. Die Besucher konnten fünf Gouachen und drei Skulpturen von Moritz Ney und zwei Gemälde von Patricia Lippert entdecken, darunter ein Diptychon, das aus Platzgründen sogar in zwei Teile geteilt wurde.

Die Bildsprache der Gouachen von Moritz Ney ist emotional, die Skulpturen sind unfertige Holzköpfe, die grob mit der Axt geschnitten und anschließend gefärbt werden. Patricia Lippert beschwört eine persönliche Mythologie herauf, indem sie ihre abstrakte Geste mit einer expressiven Figuration in dunklen Farben mischt.

Die 1956 geborene Patricia Lippert lebt und arbeitet in Luxemburg und Berlin. Sie ist Malerin und Bildhauerin. Während ihres Studiums verfasste sie eine Abschlussarbeit zu folgendem Thema: "Gibt es eine weibliche Ästhetik? Vorschläge zu einer veränderten Kunstpraxis der Frauen."

Der Maler und Bildhauer Moritz Ney wurde 1947 geboren. Seit 2019 lebt und arbeitet er in Luxemburg und Belgien. Seine Arbeitstechniken reichen von Skulpturen in Holz und Stein über Assemblagen und Gravuren bis hin zu Serigrafien und Malerei.

Ein simulierter Ausstellungspavillon

Seit 1988 ist die Entschlossenheit, in Venedig aufzutreten, ungebrochen. Anzahl und Größe der Ausstellungsflächen blieben zunächst reduziert und die Künstler zeigten konsequent Arbeiten in kleineren Formaten.

1995, als die Biennale ihren 100. Geburtstag feierte und Luxemburg zum ersten Mal Kulturhauptstadt Europas war, war Luxemburg das einzige Land, das in den Giardini präsent war, ohne einen festen Pavillon zu haben! 

"Potemkin Lock" von Bert Theis war ein Kunstprojekt, das unter schwierigen Umständen entstand und bis heute seinesgleichen nicht gefunden hat. Für die damalige Ausgabe beschloss der Generalkommissar der Biennale, den Italia-Pavillon vollständig mit der internationalen Ausstellung zu belegen und warf alle Länder ohne nationalen Pavillon hinaus. Da die Mieten für andere Räume das geplante Budget überstiegen und Anfragen nach Alternativen abgelehnt wurden, interessierte sich der Künstler schließlich für ein mit Gestrüpp bewachsenes Gelände in den Giardini zwischen dem belgischen und dem niederländischen Pavillon. Der Zugang war schwierig und ganz hinten befanden sich die Umkleidekabinen und Toiletten der Mitarbeiter der Biennale. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Luxemburger Pavillon – ein temporäres Werk – schließlich entstand, weil er weder von der Biennale noch von den belgischen oder niederländischen Verantwortlichen verboten wurde. 

Das Projekt des Künstlers Bert Theis war ein sofortiger Erfolg. Kein anderes luxemburgisches Projekt wurde so oft in der internationalen Presse erwähnt und der Künstler wurde zur Teilnahme an anderen wichtigen Veranstaltungen eingeladen. 

"Potemkin Lock" war eine "begehbare Skulptur". Der Besucher, der die Installation betrat, gelangte in einen Innengarten der Giardini und wurde so selbst zum künstlerischen Element. Sein Weg in den Garten wurde von einem Rap-Song begleitet, der sich aus Texten eines Interviews mit dem dadaistischen Künstler Marcel Duchamp und Musik von Ralph Rippinger zusammensetzte.

Bert Theis wurde 1952 in Luxemburg geboren und starb 2016. Er lebte und arbeitete in Mailand. Es ist vor allem für seine großen städtischen Installationen, öffentlichen Plattformen und Pavillons in Parks bekannt.

Der Goldene Löwe für Luxemburg

1999 erhielt der Luxemburger Pavillon einen neuen Standort und öffnete seine Pforten im Erdgeschoss der Ca’ del Duca am Ufer des Canale Grande. Und hier kam es zu einer Sensation!

2003 erhielt Su-Mei Tse für ihre Ausstellung "Air Conditioned" den Goldenen Löwen für den besten Länderpavillon. Der "Oscar" der Kunstwelt wurde erstmals an einen Pavillon außerhalb der Giardini vergeben! Der Preis würdigte nicht nur die künstlerische Arbeit, sondern auch die des Organisationsteams Mudam Luxembourg – des Museums für zeitgenössische Kunst Luxemburg, sowie die 15-jährigen Bemühungen Luxemburgs, sich einen Platz auf der Biennale zu erarbeiten.

Zwei Filme, Skulpturen, ein Neon und ein schalldichter Raum – das sind die Arbeiten, die die junge Künstlerin im Ca’ Del Duca präsentierte. Sie tauchten den Pavillon in eine Atmosphäre, in der die Zeit in einem anderen Tempo zu fließen schien. Musik, Klang und Stille verwandelten den Ort in einen Klangraum und nahmen den Besucher mit auf eine poetische Reise entlang des gesamten Rundgangs. Die Ausstellung hinterfragte das menschliche Schicksal.

Das Projekt, das zu langen Besucherschlangen führte und in der internationalen Presse beachtet wurde, trug wesentlich zur Entwicklung der erfolgreichen Karriere von Su-Mei Tse bei. Sie wurde 1973 in Luxemburg geboren und absolvierte eine Ausbildung in den Bereichen Bildende Kunst und Musik. Sie lebt und arbeitet in Berlin und Luxemburg.

2001 wurde das Mudam Luxemburg zum ersten Mal vom Kulturministerium mit der Organisation des Pavillons beauftragt. Ab 2007 teilte sich das Museum diese Aufgabe im Wechsel mit dem Casino Luxembourg – Forum für zeitgenössische Kunst. Seit 2010 wird der Kurator der Ausstellung nicht mehr vom Ministerium ernannt. Vielmehr macht es einen Projektaufruf, um den Künstler und den Kurator seiner Wahl zu bestimmen. Schließlich unterzeichnete der Staat Luxemburg 2017 einen Vertrag mit der Fondazione La Biennale di Venezia, der einen Platz für das Großherzogtum in den zauberhaften Sale d'Armi für die kommenden zwanzig Jahre gewährleistet. Der luxemburgische Pavillon zog aus der Ca’ Del Duca aus und war 2019 für die 58. Ausgabe der Biennale erstmals am neuen Standort vertreten.

Wussten Sie schon?

Die erste Ausgabe der Biennale von Venedig fand 1895 als Internationale Kunstausstellung der Stadt Venedig in den öffentlichen Gärten, den Giardini di Castello, südlich des Arsenale statt. Am Anfang gab es nur einen einzigen Pavillon. Aber schon wenige Jahre nach der Gründung des künstlerischen Ereignisses begannen die ersten Länder mit dem Bau eigener Ausstellungsräume. Die Biennale von Venedig erfindet sich ständig neu und begnügt sich nicht damit, nur die bildende Kunst zu repräsentieren. Bereits 1930 wurden spezielle Abteilungen für Musik, Theater und Kino (die berühmte Mostra) geschaffen und seit 1980 findet auch die Architekturbiennale statt.