Interview mit André Hansen, Generalkommissar des luxemburgischen Pavillons

Wie hat das japanische Publikum den luxemburgischen Pavillon aufgenommen? Gab es prägende Reaktionen?

Die japanischen Besucherinnen und Besucher sind sehr diszipliniert und organisiert, somit schätzen Sie, dass wir eine klar strukturierte Besucherführung und Dreiklang-Szenographie anbieten, die innerhalb von 20-30 Minuten ein erstes Kennenlernen von Luxemburgs Kernthemen, seinen Menschen und Landmarken sowie Landschaften ermöglicht. Dies auf immersive sowie informative Art und Weise.

Das abschließende Besuchserlebnis in Form einer Partie Kegeln auf unserer Keelebunn wird mit positiver Neugierde angenommen, wie wir beobachten können. Und kulinarisch gesehen liegt die Grillwurst hoch im Kurs. Die Japaner genießen sie gern zusammen mit einem Luxemburger Bier oder Wein bzw. Crémant.

Welche japanischen Bräuche oder Besonderheiten haben das Konzept des Pavillons beeinflusst?

Der Luxemburger Pavillon wurde vom Architekturbüro STDM entworfen und basiert auf den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft – er ist "designed for disassembly", also bereits so konzipiert, dass seine Einzelkomponenten im Anschluss an die Expo nach einer einfachen Demontage wiederverwendet werden können. Gebaut mit japanischen Standardkomponenten in Zusammenarbeit mit luxemburgischen und japanischen Firmen, ist das Projekt nicht nur Ausdruck gelebter Co-Kreation, sondern ermöglicht deshalb auch eine bessere Weiterverwendung der Bauelemente nach der Expo.

Welche Besonderheit Japans hat Sie am meisten überrascht?

Im Vorfeld eines solchen Projekts, das eine enge Zusammenarbeit mit dem Gastgeberland bedeutet, versucht man, sich bestmöglich zu informieren. Doch die tatsächliche Erfahrung ist dann nochmals eine andere. Besonders beeindruckt hat mich die außerordentlich präzise und sorgfältige Arbeitsweise – auf einem Niveau, das meine Erwartungen übertroffen hat.

Ebenso faszinierend ist, wie überaus wichtig Vertrauen ist, das sich vielleicht über einen noch längeren Zeitraum entwickeln muss, als gewöhnlich, und dann aber in Konsequenz eine echte Verbindlichkeit schafft, die bleibt. Die Beziehungen zu unseren japanischen Partnern sind dadurch noch enger geworden – man kann sich zu 100 % aufeinander verlassen. Im Hinblick auf das bevorstehende Jubiläum im Jahr 2027 – 100 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Luxemburg und Japan – ist das sicherlich auch ein vielversprechender Vorbote, der die Partnerschaft unserer Länder auf besondere Weise unterstreicht.

Warum ist es für Luxemburg wichtig, an der Weltausstellung teilzunehmen?

Die Teilnahme an der Expo 2025 Osaka ist für Luxemburg aus vielen Gründen interessant und wichtig. Unsere Präsenz dort ist eine einzigartige Möglichkeit, uns, zusammen mit mehr als 160 Teilnehmern, einem Weltpublikum zu präsentieren. Dies in einem Land, mit dem wir eng verbunden sind und wo wir uns in all unseren Facetten zeigen können. Auch ist es aus unserer Sicht ein wichtiges Signal, dass wir uns in einer Welt, in der internationale Kooperationen immer mehr in Frage gestellt werden, in Osaka mit einem Pavillon zeigen, der unsere Werte als offenes Land unterstreicht.

Luxemburgischer Pavillon - Innenansicht mit Besuchern
© GIE Luxembourg und Expo 2025 Osaka

Doki Doki ist ...

… der freudig aufgeregte Herzschlag, mit dem wir für Luxemburg begeistern möchten – und der die Besucherinnen und Besucher noch lange begleiten soll.

Der prägendste Moment für mich war ...

.. unser National Day, an dem Luxemburg im Fokus der Expo stand, war ein ganz besonderer Moment für mich. Dies u.a., weil er mit einer der letzten offiziellen Reisen von S.K.H. Großherzog Henri einherging. 

Mein Lieblingsmoment in Pavillon ist ...

… mich im "Häffchen" aufzuhalten und die Besucher dabei zu beobachten, wie Sie voller Emotionen aus Act 3 der Szenographie kommen und Ihren Besuch mit einer Partie Keelen sowie im Gastronomie-Bereich ausklingen lassen.

Hat sich die Botschaft des Pavillons seit der Weltausstellung in Dubai verändert?

Ja, die Botschaft haben wir insofern weiterentwickelt, als dass wir sie an das japanische Publikum angepasst haben. In Dubai richtete sich die Präsentation an ein sehr internationales Publikum; in Japan besuchen rund 90 % der Gäste aus dem Land selbst. Natürlich bleibt das Ziel, Luxemburg in seiner Vielfalt zu zeigen – als weltoffenes, innovatives und lebenswertes Land, doch die Umsetzung ist kulturell zugeschnitten.

Ein Beispiel dafür ist die Szenographie: In Act 2 greifen wir mit einem arcade game style die visuelle Sprache und das spielerische Erleben auf, das vielen japanischen Besuchern vertraut ist. Act 1 lädt die Besucher symbolisch in luxemburgische Häuser ein.  Gerade in Japan, wo es sehr unüblich ist, selbst Freunde ins eigene Zuhause einzuladen, ist das eine besonders persönliche Geste.

Was ist ein Highlight, das man im Pavillon unbedingt entdecken sollte?

Auch wenn es mir nicht so leicht fällt, mich für ein einzelnes Element zu entscheiden: Act 3 war für mich ein absoluter Gänsehautmoment. Als Luxemburger seine Heimat aus dieser Perspektive zu erleben – fast schwerelos, über Wälder, Städte und Landschaften hinwegzugleiten – hat mich berührt. Man kennt all diese Orte, aber sie auf diese immersive, fast poetische Art zu sehen, das ist, als würde man Luxemburg neu entdecken – und gleichzeitig den Besucher:innen zeigen, wie vielseitig, schön und lebendig unsere Heimat ist.

Der Pavillon spielt eine strategische Rolle bei der Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen zu Japan. Wurden die Ziele im Bereich der unternehmerischen Zusammenarbeit erreicht? Gibt es bestimmte Sektoren, die besonders hervorstechen?

Die Präsenz Luxemburgs auf der Expo 2025 Osaka ist das Ergebnis einer konsequenten Co-Creation, bei der zahlreiche luxemburgische Unternehmen, Talente und Institutionen in die Gestaltung von Pavillon, Szenographie und Innenausstattung sowie des kulinarischen Angebots eingebunden sind. Virtuelle Tools wie unsere App sowie die AR-Anwendungen, die die luxemburgischen Firmen Virtual Rangers und Artec3D entwickelt haben, dann die von der EHTL begleitete Gastronomie, die designten Möbel von Luxemburger Designerinnen und Designern sowie temporäre Kunst-Ausstellungen zeigen beispielhaft den Innovationsgeist und die Kreativität des Landes. Ergänzt wird all dies durch das Programm mit Wissenschaftskonferenzen und -ausstellungen bzw. Workshops (z. B. zu Space, Circularity, Cybersecurity) sowie den drei Wirtschaftsmissionen der luxemburgischen Handelskammer. Hier standen die Themenfelder Space, Tech und Health im Zentrum.

Der Pavillon bietet auch ein kulinarisches Erlebnis: Welche Gerichte sind bei den Besuchern am beliebtesten?

Generell wird das gastronomische Angebot sehr gut angenommen. Es spiegelt einen Teil unserer Kultur wider und traditionelle Speisen und Getränke nehmen generell auf den Weltausstellungen eine nicht unwichtige Rolle. Wir erwähnten es schon kurz, dass die Grillwurst und sowohl Bier als auch Wein bzw. Crémant besonders beliebt sind. Aber auch Patisserie mögen die Japaner sehr! Somit verkaufen sich die wechselnden Desserts in limitierter Auflage der sechs Pâtisseriers aus Luxemburg, die wir auf unseren Social Media Kanälen bereits vorgestellt haben, zum einen sehr gut; auch von den Klassikern wie den Macarons in Luxemburg-Farben und der Dojima Roll mit dem Luxemburger Löwen im Creme-Dekor werden jeweils mehrere Hundert pro Woche verzehrt. 

Das Kulturprogramm des Pavillons zeichnet sich durch seinen Reichtum und seine Vielfalt aus und vereint luxemburgische und japanische Künstler, Disziplinen und Themen. Was ist der rote Faden, der diese verschiedenen Veranstaltungen verbindet?

Kultur spielt in der Programmation des Luxemburger Pavillons in der Tat eine wichtige Rolle und ist breit gefächert. Das kuratierte Programm spiegelt die Vielfalt und Qualität der luxemburgischen Kunst-, Musik- und Designszene wider – von zeitgenössischen Ausstellungen in den Bereichen Kunst und Performance sowie Fotographie bis hin zu genre-übergreifenden Konzerten, bei denen auch Tanz integriert war. Dabei steht der kulturelle Austausch mit Japan ebenso im Fokus wie Themen von Nachhaltigkeit über Handwerk hin zu Innovation. Die vielfältigen Beiträge machen auf eindrucksvolle Weise sichtbar, wie Kultur Menschen verbindet, Geschichten erzählt und neue Perspektiven eröffnet.

Das Kulturprogramm ist übrigens gemeinsam mit Kultur|lx, dem Kulturministerium sowie weiteren Partnern wie der Chambre des Métiers organisiert und finanziert worden, dafür sind wir dankbar.

Die Auswahlkriterien standen im Einklang mit der Philosophie und dem nachhaltigen Ansatz des gesamten Pavillons, indem Projekte ausgewählt wurden, die nicht nur speziell für die Expo 2025 Osaka konzipiert wurden, sondern auch außerhalb dieses Kontexts bestehen können. Darüber hinaus war eine vorherige Verbindung zu Japan ein entscheidender Vorteil.

Luxemburgischer Pavillon - Innenansicht mit Besuchern
© GIE Luxembourg, Expo 2025 Osaka und Vincent Hecht

Wie sieht die Zukunft des Pavillons nach Ende der Expo aus?

Mögliche Wiederverwendungszwecke der verschiedenen Bauteile des Luxemburger Pavillons werden derzeit analysiert. Schon jetzt steht jedoch fest, dass die für das Fundament eingesetzten modularen Betonblöcke vom Nesta Resort Kobe, einem Themenpark nahe der Stadt Kobe, weiterverwendet werden. Auch das leichte Membrandach des Pavillons erhält ein zweites Leben: Es wird von Handwerkskünstlern in Osaka in Zusammenarbeit mit der Marke SEAL zu robusten, wasserdichten Taschen und Accessoires verarbeitet, die bereits während der Expo vorbestellt werden können.

Für die beiden anderen Baukomponenten des Pavillons, so wie für weitere Teile der Innenarchitektur laufen im Moment noch Gespräche. Einiges, wie z.B. sämtliche audio-visual Geräte, haben wir geliehen und somit sichergestellt, dass eine Wiederverwendung erfolgen wird. 

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