Zweiter Weltkrieg Die schwerste Belastungsprobe für die Bevölkerung

Am Morgen des 10. Mai 1940 überquerten die deutschen Truppen die luxemburgische Grenze. In Westeuropa hatte soeben der zweite Weltkrieg begonnen. Für Luxemburg wurde dies zur schwersten Belastungsprobe seiner Geschichte, da der Besatzer die Bevölkerung umerziehen wollte, um sie ins Reich einzugliedern. Am Ende des Konfliktes lag ein Teil des Landes in Trümmern, und es waren Tausende Tote und Vermisste zu beklagen, aber die Unabhängigkeit wurde gewahrt.

Der Donnerschlag vom 10. Mai 1940

Als die ersten deutschen Einheiten am Morgen des 10. Mai die Mosel, die Sauer und die Our überquerten, trafen sie auf ein Land, das auf eine Invasion vorbereitet, aber machtlos gegenüber der feindlichen Kriegsmaschinerie war. Nach einigen Gefechten waren die luxemburgischen Sicherheitskräfte gezwungen, ihre Waffen zu strecken. Die luxemburgische Neutralität wurde zum zweiten Mal innerhalb von nicht einmal 25 Jahren verletzt.

Die Großherzogin Charlotte und die luxemburgische Regierung hatten aus der Vergangenheit gelernt und, da man sich noch in derselben Nacht gewarnt hatte,  flohen sie. Ihre Flucht führte sie zunächst nach Portugal, später nach Kanada. Schließlich ließen sich die großherzogliche Familie und die Regierung in London nieder, um den luxemburgischen Widerstand zu unterstützen. Dies war die richtige Entscheidung, da Luxemburg durch sein Engagement an der Seite der Alliierten nach dem Krieg auf volle internationale Anerkennung zählen konnte.

Das Land wird vom Besatzer umorganisiert

Zunächst aber bedeutete die deutsche Besatzung das Ende der luxemburgischen Unabhängigkeit. Zahlreiche Luxemburger nahmen eine abwartende Haltung ein, und die luxemburgische Wirtschaft produzierte von nun an für das deutsche Reich. In Abwesenheit der Regierung wurde ein Verwaltungsausschuss gegründet, der mit dem deutschen Besatzer kollaborierte, um die Souveränität des Landes zu erhalten.

Die deutschen Pläne allerdings sahen eine Angliederung Luxemburgs an das deutsche Reich vor. Im Juli-August 1940 wurde Luxemburg unmittelbar deutscher Verwaltung unterstellt. Der Gauleiter des Gaus Koblenz-Trier Gustav Simon wurde zum Chef der Zivilverwaltung ernannt. Mit der Unterstützung der luxemburgischen Kollaborateure (wegen ihrer gelblich-braunen Uniform Gielemännercher, die gelben Männer, genannt) organisierte die deutsche Verwaltung das gesamte öffentliche Leben in Luxemburg neu.

Von Anfang an zielten die getroffenen Maßnahmen auf die De-facto-Annexion Luxemburgs an das Reich sowie die Germanisierung der Bevölkerung ab. Sämtliche luxemburgischen Staatsstrukturen wurden abgeschafft. Die Verwendung des Französischen wurde verboten. Mit großem Propagandaaufwand wurde versucht, die Luxemburger für das Naziregime zu gewinnen.

Unter dem Eindruck der ersten Siege der Alliierten, der erzwungenen Germanisierung der Bevölkerung und der sich verschlechternden Lebensbedingungen begann ein wachsender Teil der Bevölkerung, sich der deutschen Besatzung zu widersetzen.

Die Großherzogin Charlotte auf dem Balkon des Palais, mit Menschenmenge im Hintergrund
Sammlung MNHM / © Tony Krier – Photothèque Ville de Luxembourg

Eingliederung ins Reich

Um die Eingliederung Luxemburgs ins Reich zu legitimieren, organisierte die Besatzungsmacht 1941 eine Volkszählung, bei der Fragen zur nationalen, ethnischen und sprachlichen Zugehörigkeit jedes Einwohners gestellt wurden. Trotz der deutschen Propaganda antwortete eine überwältigende Mehrheit auf die drei Fragen mit "Luxemburgisch", eine klare Ohrfeige für die Deutschen.

Am 30. August 1942 führte Deutschland die Zwangseingliederung Luxemburgs in Deutschland durch. Eine Vielzahl der Luxemburger ahnte sofort die Folgen: die luxemburgische Jugend wurde ab sofort als Deutsche behandelt, was bedeutete, dass sie den Pflichtwehrdienst leisten mussten.

Diese Maßnahme löste im ganzen Land Streiks aus. Die deutsche Reaktion war folgenschwer. Die deutschen Behörden verhängten das Kriegsrecht und ließen 21 Streikende durch sogenannte Standgerichte, die Kriegsgerichte, erschießen. Die Bewegung wurde niedergeschlagen.

Der Preis

Insgesamt wurden fast 10.000 Luxemburger in das deutsche Heer eingezogen. Mehr als ein Drittel weigerte sich, die deutsche Uniform anzulegen und begab sich in die Illegalität, häufig mit verheerenden Folgen für ihre Familien, denn die Besatzungsmacht reagierte mit Härte auf jeden Versuch der Opposition: Deportationen in den Osten, Inhaftierungen, manchmal in Konzentrationslagern (insbesondere in Hinzert), Exekutionen.

Die jüdische Gemeinschaft litt besonders unter dem Nazi-Regime. Von den etwa 4.000 Juden, die vor dem Krieg im Großherzogtum lebten (wovon etwa die Hälfte Luxemburger und der Rest Flüchtlinge aus anderen europäischen Ländern waren), sahen mehr als 90% das Land nicht mehr wieder. Ein Drittel wurde getötet.

Gruppen von Luxemburgern, teils aus der Pfadfinder-Szene oder den aufgelösten Parteien, organisierten sich schrittweise, um gegen die Besatzung zu kämpfen. In einem ersten Schritt organisierte diese "Résistance" die Ausreise von Flüchtigen und entkommenen alliierten Fliegern in die französischen und belgischen Widerstandsgruppen der Maquis, sowie das Verstecken von luxemburgischen Fahnenflüchtigen.

Zu Kriegsende schlossen sich die verschiedenen Widerstandsbewegungen in der Unio’n zusammen.

"Saint Nick" besucht die Kinder von Wiltz in seinem Jeep
© MNHM Signatur: K035-03

Süssigkeiten vom "American Saint Nick" in Wiltz

Im Dezember 1944 war Richard W. Brookins mit der US-28. Infanteriedivision in Wiltz stationiert. Als sich der Nikolaustag näherte, sahen er und seine Mitsoldaten, dass nach fast 5 Jahren Krieg die Luxemburgern kaum etwas hatten um ihren Kindern ein Geschenk zu bereiten, und so beschlossen sie, den Nikolaus selbst zu inszenieren. Sie sammelten Süßigkeiten aus Betreuungspaketen und Armeeköche leisteten ebenfalls Hilfe, so dass am 5. Dezember der "American SaintNick" in einem Jeep durch Wiltz zog, zum grossen Vergnügen der Kinder. Daraus entstand eine Tradition, die seither in Wiltz begangen wird.

Endlich die Befreiung

Am 10. September 1944 wurde Luxemburg von der amerikanischen Armee befreit. Allerdings konnten die Deutschen die Front entlang der Mosel festigen und gingen im Dezember 1944 zum Gegenangriff über. Die Ardennenoffensive verwüstete den Norden und Osten des Landes.

Mit der Befreiung von Vianden am 22. Februar 1945, der Rückkehr von Großherzogin Charlotte aus dem Exil am 14. April und schließlich der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 endete der Krieg.

Die Bilanz war bitter: infolge des bewaffneten Konflikts und des Naziterrors hatte Luxemburg 5.700 Tote zu beklagen, was rund 2% der Gesamtbevölkerung entsprach. Von den fast 1.300 deportierten Juden überlebten nur 69 die Ghettos und Lager.

Die unmittelbare Nachkriegszeit stand im Zeichen des Wiederaufbaus. Die im Rahmen des Marshall-Plans gewährte amerikanische Hilfe erlaubte umfangreiche Anstrengungen im Bereich Modernisierung sowie Errichtung von Infrastrukturen und Anlagen. Doch es war auch eine Zeit der gerichtlichen Verfolgung von Kollaborateuren – und der Vergeltungen.

Zum letzten Mal aktualisiert am