Straßen der Frauen: zu Ehren luxemburgischer Frauen (I)
Anlässlich des Internationalen Frauentags, der am 8. März in zahlreichen Ländern weltweit gefeiert wird, porträtieren wird acht außergewöhnliche Luxemburgerinnen, die im öffentlichen Raum gewürdigt werden. Dieser Tag dient nicht nur dem Rückblick auf ihre Kämpfe und Errungenschaften in der Vergangenheit, sondern auch dem Ansporn kommender Generationen von Frauen, die zukünftig in den Straßen des Großherzogtums zu Ehren kommen sollen. Dieser erste Artikel blickt auf das Leben von Marie-Thérèse Hartmann, Aline de Saint-Hubert, Lou Koster und Joséphine Jaans zurück. Ein zweiter Artikel widmet sich den Errungenschaften von Marie Heffenisch, Lily Unden, Annette Lacroix und Marie-Paule Peffer.
Marie-Thérèse Hartmann (1858-1923), Pionierin der Malerinnen
Marie-Thérèse Hartmann gehört zu den ersten luxemburgischen Frauen, die im Ausland studieren. Ihr Vater, der Architekt Antoine Hartmann, unterstützt seine Tochter im Rahmen ihrer künstlerischen Ausbildung: mit nur 19 Jahren nimmt sie ihr Studium in Düsseldorf beim Künstler Gustav Süs auf, anschließend verbringt sie als Schülerin von Sandor Liezen-Mayer zwei Jahre in München. Ihre Berufung, die Porträtmalerei, findet sie allerdings in Paris, wo sie die für Künstlerinnen neu eröffnete Schule von Émile Carolus-Duran und Jean-Jacques Henner besucht. Zurück in Luxemburg heiratet sie den Anwalt Mathias Glaesener und setzt ihre künstlerische Laufbahn fort.
Mut und Unabhängigkeit gehören zu den Charakterzügen dieser Pionierin der Malerinnen zu einer Zeit, in der die Ausbildung von Frauen an öffentlichen Schulen kaum gefördert wurde und lediglich an kirchlichen Schulen stattfand. Die Städte Luxemburg und Sanem haben Straßen nach ihr benannt.
Wussten Sie schon?
Sie können zwei von Marie-Thérèse Hartmann gezeichnete Porträts des Staatsministers Paul Eyschen im Nationalmusée um Fëschmaart bewundern.
Aline de Saint-Hubert (1874-1947), Philanthropin und Frauenrechtlerin
Aline de Saint-Hubert kann als Gründerin der bürgerlichen Frauenbewegung in Luxemburg betrachtet werden. 1894 heiratet sie Émile Mayrisch und gründet 1906 den Verein für die Interessen der Frau, die erste Vorstufe einer Frauenorganisation in Luxemburg. Die Bereiche, in denen sich der Verein engagiert, reichen vom Rechtsschutz für Frauen bis hin zur Verbesserung der Wohnbedingungen von Arbeiterfamilien.
Das Hauptanliegen besteht jedoch in der Einrichtung einer weiterführenden Schule (Lyzeum) für junge Mädchen: eine staatliche, nicht konfessionelle Sekundarschule mit einem Schulabschluss, der jungen Mädchen den Zugang zu Hochschulstudien und die Ausübung der freien Berufe ermöglichen sollte.
Aline de Saint-Hubert ist ebenfalls Initiatorin zahlreicher sozialer Werke und setzt sich für die Gründung des Luxemburger Roten Kreuzes ein, dessen Vorsitz sie auch übernimmt. 1932 verleiht ihr Großherzogin Charlotte das Ehrenkreuz für Damen des Zivil- und Militärordens von Adolphe von Nassau.
Aline de Saint-Hubert vermacht dem Roten Kreuz in ihrem Testament das Schloss Colpach. Dieser Ort ist heute ein Rehabilitationszentrum und beherbergt den nationalen post-onkologischen Rehabilitationsdienst sowie den nationalen körperlichen Rehabilitationsdienst. Die Städte Bartringen, Düdelingen, Esch an der Alzette, Walferdingen und Steinfort haben Straßen und öffentliche Plätze nach ihr benannt. Zudem wurde das Lycée Aline Mayrisch nach ihr benannt, wobei hier ihr Ehename verwendet wurde.
Wussten Sie schon?
Aline de Saint-Hubert interessierte sich auch für Kunst und Literatur und nahm zwischen den Kulturwelten Frankreichs und Deutschlands eine Vermittlerrolle ein. Als Bewunderin und Freundin von zahlreichen Intellektuellen und Schriftstellern wie André Gide macht sie aus ihrem Schloss Colpach – wo sie sich mit ihrem Ehemann 1920 niederlässt – einen Literatursalon und einen Treffpunkt für Künstler.
Sie verfasste ebenfalls literarische Artikel und Kritiken sowie einen autobiografischen Reisebericht: Paysages de la trentième année (Landschaften des dreißigsten Jahres). Sie verwendete für die Signatur ihrer Werke häufig Pseudonyme, von denen Alain Desportes wohl der bekannteste ist.
Ein Buch, das ihren Schriftwechsel mit André Gide beinhaltet, steht in der Nationalbibliothek Luxemburg.
Die Straßen der Frauen
Der Conseil national des femmes du Luxembourg - CNFL (Nationale Frauenrat Luxemburgs) hat 2009 das Projekt "Les rues au féminin" (Die Straßen der Frauen) ins Leben gerufen, um die politischen Entscheidungsträger dafür zu sensibilisieren, die Visibilität verdienstvoller und engagierter Frauen im öffentlichen Raum Luxemburgs zu erhöhen.
Im Rahmen des Projekts zeigte eine Aufstellung der Straßen aus dem Jahr 2021 die Unterrepräsentation der Frauen im öffentlichen Raum gegenüber Männern. In Luxemburg-Stadt waren beispielsweise lediglich 5,7% der Straßen und Plätze Frauen gewidmet, wohingegen 49% nach Männern benannt waren. In eben diesem Jahr hatten von 102 Gemeinden des Landes 59 keinen nach einer Frau benannten öffentlichen Platz. Es geht nicht nur darum, Zahlen zur Schau zu stellen, sondern aufzuzeigen, was dahintersteckt: "Man darf nicht vergessen, dass Straßen-, Platz- oder Gebäudenamen Teil der kollektiven Erinnerungen sind und deshalb eine politische Angelegenheit darstellen. Da offizielle Erinnerungen selektiv sind, ist es wichtig, verdiente und engagierte Frauen nicht zu vergessen und sie an öffentlichen Orten sichtbar zu machen", bekräftigt der CNFL.
Lou Koster (1889-1973), Pionierin der Komponistinnen
Lou Koster gehört zum kleinen Kreis junger luxemburgischer Mädchen, die seit ihrer Kindheit in Musik unterrichtet wurden. In Ermangelung eines offiziellen Ausbildungsangebots unterrichtet sie ihr Großvater Franz Ferdinand Bernhard Hoebich, Kapellmeister am großherzoglichen Hof, in Musiktheorie, Geige und Klavier. Ihre formale Ausbildung an einem Musikinstitut beginnt erst, als das Konservatorium der Stadt Luxemburg 1906 gegründet wird, wo sie weiter Geige, Klavier, Solfeggio und Harmonielehre studiert. Sie ist von 1908 bis 1954 dort selbst als Lehrerin tätig. Komponieren und Orchestrierung erlernt sie autodidaktisch.
Als Komponistin - ihre eigentliche Leidenschaft - interessiert sie sich insbesondere für die luxemburgische Poesie. Ihre Bearbeitung des Librettos An der Schwemm (Im Schwimmbad) von Batty Weber als Operette stellt den Beginn ihrer Karriere als Komponistin im Jahr 1922 dar. 1972 feiert sie im Alter von 83 Jahren ihren größten Erfolg: ihr Oratorium Der Geiger von Echternach, nach einem Text von Nik Welter, wird vom Orchester von RTL und dem Gemeindechor Uelzecht in der Basilika von Echternach aufgeführt.
Ihre musikalische Karriere hielt sie jedoch nie von ihrem sozialen Engagement für die Rechte von Unterdrückten und Minderheiten, insbesondere Frauenbewegungen, ab. Die Städte Luxemburg, Mersch und Strassen haben Straßen nach ihr benannt.
Kleine Anekdote
In ihrer Familie dient die musikalische Ausbildung nicht nur dem Zeitvertreib. Lou und ihre Schwestern Lina und Laure lernen früh, ihren Lebensunterhalt mit Musik zu verdienen: sie spielen Begleitmusik zu Stummfilmen und treten in Konzertlokalen, anlässlich von Hochzeiten und Festen ... und auch in Schwimmbädern auf. Lou Koster liebte das Schwimmen. In den Pausen zwischen den Schwimmkursen im Swimming Club Luxembourg begleitet sie am Klavier die Einlagen eines Orchesters, das über den Duschkabinen sitzt.
Joséphine Jaans (1890-1988), Pionierin des Frauensports
Joséphine Jaans, verheiratete Jacquemart, kann als eine Pionierin des Frauensports in Luxemburg betrachtet werden. Sie setzt sich aktiv und engagiert für den Sport ein und macht ihn zu ihrem Beruf. Nach zwei Gymnastiklehrgängen in der Schweiz wird sie Lehrerin und unterrichtet ab 1916 am Lycée de Jeunes Filles in Esch an der Alzette, wo sie auch versucht, neue Methoden im Sportunterricht einzuführen.
1925 gründet sie zusammen mit Andrée Mayrisch und Paula Weber den Luxemburger Frauensportverband, das erste offizielle Organ des Frauensports. Die Gründerinnen wählen Basketball als Vorzeigedisziplin des Verbands, und zwar mit großem Erfolg, da es 1926 bereits 14 Frauenvereine in Luxemburg gibt. Dieses Unternehmen ist jedoch leider zum Scheitern verurteilt: fehlende finanzielle Mittel und vor allem die Frage der Kleidung wiegen vor einem traditionalistischen Hintergrund, in dem eine für diese Zeit zu fortschrittliche Frau boykottiert wird, zu schwer. Sie lässt sich dennoch nicht entmutigen und organisiert 1937 das dritte Verbandsfest des weiblichen Turnsports, bei dem sie an der Spitze des Defilees lief.
Ihr Engagement beschränkt sich nicht auf die Welt des Frauensports. Im Rahmen des Zweiten Weltkriegs schließt sie sich der Lëtzebuerger Patriote Liga, einer Widerstandsbewegung gegen die deutsche Besatzung, an. 1941 wird sie mit anderen Widerstandskämpfern verhaftet und verbringt zwei Jahre im Gefängnis. Nach Kriegsende engagiert sie sich für Menschen in Not. Die Städte Luxemburg und Bartringen haben Straßen nach ihr benannt.
Wussten Sie schon?
Joséphine Jaans glaubt fest daran, dass Frauen ihren Platz bei den Olympischen Spielen haben. Trotz des argwöhnischen Widerstands innerhalb der Leitung des Internationalen Olympischen Komitees hatten Frauen, darunter die Französin Alice Milliat, aber auch Joséphine Jaans, die Idee, Olympische Spiele für Frauen zu organisieren. Die erste Frauenolympiade findet am 20. August 1922 in Paris statt.
Anmerkung der Redaktion
Für die Abfassung der Biographien der in diesem Artikel vorgestellten Frauen wurden verschiedene Quellen herangezogen, unter anderem das Projekt Les rues au féminin (Die Straßen der Frauen) (Nationaler Frauenrat Luxemburg), das Projekt Fraendag.lu (CID Fraen an Gender) und das Luxemburger Autorenlexikon (Nationales Literaturzentrum).
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