Gëlle Fra: Symbol der luxemburgischen Gesellschaft und Geschichte
Die Gëlle Fra ist 1923 aus einer Bürgerinitiative zur Ehrung der im Ersten Weltkrieg gefallenen luxemburgischen Soldaten entstanden und hat ein emotionsgeladenes und von Kontroversen geprägtes Leben geführt. Ihr 100. Geburtstag im Jahr 2023 ist eine gute Gelegenheit um zurückzublicken und die Goldene Frau (wieder) zu entdecken.
Das Mahnmal, ein luxemburgisches Werk
Das Mahnmal "Gëlle Fra" besteht aus einem Obelisken von 21 Meter, der auf einem Sockel steht. Auf diesem befinden sich zwei Bronzeskulpturen, die einen gefallenen Soldaten und seinen Kameraden darstellen. Die goldene Statue auf dem Obelisken, genannt Gëlle Fra, von 3,30 Meter ist die Personifikation eines Friedensengels der einen Lorbeerkranz in den Händen hält.
1920 gewinnt der luxemburgische Bildhauer Claus Cito den Wettbewerb zur Schaffung eines Denkmals für gefallene Soldaten während des Ersten Weltkriegs. Von 18 Einsendungen erhält er von einer internationalen Jury den ersten Preis für sein Projekt "À nos braves". In seinem Atelier in Bascharage schafft Cito die drei Skulpturen erstmals in Ton, dann in Gips. Die Figuren werden anschließend in der Gießerei Compagnie des Bronzes in Brüssel in Bronze gegossen. Die Identität des weiblichen Modells, das den Künstler inspiriert haben soll, bleibt ein Rätsel.
Die Gëlle Fra erklärt
Die bewegte Geschichte der Gëlle Fra
Die Geschichte des Mahnmals "Gëlle Fra" beginnt im Dezember 1918 als ein Komitee mit der Idee gegründet wurde, ein nationales Denkmal zur Erinnerung an die luxemburgischen Soldaten zu errichten, die sich im Ersten Weltkrieg freiwillig bei den alliierten Streitkräften verpflichteten. EIne landesweite Spendensammlung wird organisiert. Neben privaten Zuwendungen werden auch zwei Briefmarkenserien mit Gebührenaufschlag zum Verkauf angeboten, um das Projekt zu finanzieren. Die Gëlle Fra wird 1923 feierlich auf der Place de la Constitution (Verfassungsplatz) in Anwesenheit von luxemburgischen und ausländischen Beamten eingeweiht.
Am 10. Mai 1940, dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, marschieren deutsche Truppen in Luxemburg ein. Im Rahmen der Politik das Land zu "entfranzösieren" befehlt der Gauleiter Gustav Simon den Abriss der Gëlle Fra. Die Zerstörungsarbeiten beginnen im Oktober 1940 und nach einigen Versuchen die Gëlle Fra abzureißen, fällt sie schließlich herunter und zerbricht am Obelisken. Dieser Fall führte zu schweren Schäden am Hals und an den Füßen der Statue. Die zwei Soldaten und die im Fundament eingeschlossenen Dokumente wurden glücklicherweise gerettet. Das Unternehmen Jacquemart konnte die zwei Soldatenfiguren in Sicherheit bringen. Der Zinkkoffer mit den offiziellen Dokumenten wurde von einem Ingenieur versteckt.
Es ist erwähnenswert, dass die luxemburgischen Unternehmen Ausreden erfanden um die Abrissarbeiten der deutschen Zivilverwaltung zu verweigern. Sie behaupten unter anderem nicht über das geeignete Material zu verfügen oder die Arbeiter weigern sich schlichtweg, die Aufgabe zu erfüllen. Die Zerstörungsarbeiten werden schlussendlich von Gemeindearbeitern unter der Drohung ausgeführt, dass derjenige, der sich weigert entlassen wird.
Zwischen 1944 und 1945, kurz nach der Befreiung Luxemburgs durch die Alliierten, wird der Sockel wieder aufgebaut und 1950 werden die beiden Bronzesoldaten wieder angebracht.
1955 werden die Überreste der Gëlle Fra im Rahmen der "Semaine de la Résistance" (Woche des Widerstandes) gezeigt. Die Stücke verschwinden daraufhin und die Gëlle Fra wird erst 1981 unter den Tribünen des ehemaligen Fußballstadions Josy Barthel wiedergefunden. Im Dezember 1984 wird sie wieder aufgebaut und im Mai 1985 kehrt sie an ihren Platz auf dem Obelisken zurück. Die Wiederaufbauarbeiten wurden den Unternehmen Jacquemart, das schon 1923 am Bau beteiligt war, Massard von Kayl und Diederich-Colas in Auftrag gegeben.
Die neue Version der Gëlle Fra unterscheidet sich jedoch ein wenig von Citos Original. Die Füße, die 1940 beschädigt wurden, mussten neu gefertigt werden und der Kopf der Statue hat seine Neigung verändert. 1923 blickte sie geradeaus über die Stadt während ihr Kopf heute nach unten geneigt ist, eine Folge ihres Sturzes im Jahr 1940.
Das Denkmal dient ursprünglich als Erinnerung an die luxemburgischen Soldaten, die im Ersten Weltkrieg (1914-1918) gefallen sind. Heute ehrt es auch die im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) gefallenen luxemburgischen Soldaten, die im Koreakrieg (1950-1953) gefallenen Luxemburger und die Luxemburger, die sich freiwillig im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) verpflichtet haben.
Die kleine Anekdote des Zehs
Als die Gëlle Fra 1940 abgerissen wurde, gelang es einem damaligen Zuschauer, einem Studenten, den ursprünglichen großen Zeh in seiner Tasche verschwinden zu lassen. Der Zeh ging durch mehrere Hände und ist heute Teil der Privatsammlung des Antiquitätenhändlers Armand Wagner.
Die Kontroversen um die Skulptur
Seit ihrer Einweihung hat die Gëlle Fra für Polemik gesorgt. Insbesondere die Sinnlichkeit der weiblichen Statue wurde vor allem vom Klerus stark kritisiert. Trotz ihres Kleides, würde sie die "reinste Nacktheit" darstellen. Ihr Standort auf dem Verfassungsplatz, unweit der Kathedrale wird von der Kirche ebenfalls als Affront empfunden.
Im Rahmen der Ausstellung "Luxembourg, les Luxembourgeois: consenus et passions bridées" im Jahr 2001 sorgte das Werk "Lady Rosa of Luxembourg" der kroatischen Künstlerin Sanja Iveković, das eine schwangere Version der Gëlle Fra darstellt, ebenfalls für viele Diskussionen. Die Lady Rosa wird beispielsweise als "empörende Kopie" des Mahnmals und als "widerliche Parodie" eines nationalen Symbols abgetan.
2010 ziert die Gëlle Fra den Eingang des luxemburgischen Pavillons bei der Weltausstellung in Shanghai. Auch wenn die Statue restauriert wird, löste die Entscheidung, sie von ihrem Obelisken zu entfernen und nach China zu transportieren, einige heftige Reaktionen aus.
Anschließend wird sie sechs Monate lang in Bascharage, der Heimatstadt ihres Bildhauers, ausgestellt, wo die Betrachter sie auf Bodenhöhe bewundern können ehe sie wieder ihren Platz auf den Anhöhen der Stadt einnimmt, von wo aus sie ihre Besucher empfängt.
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