Das Handwerk: Beschäftigung und Vermittlung des Know-hows Die Handwerksbranche ist der wichtigste Arbeitgeber des Landes und die Vermittlung des Know-hows spielt eine Schlüsselrolle, um die Nachhaltigkeit der Branche zu gewährleisten

Bestimmte Berufe kommen uns unmittelbar in den Sinn, wenn vom Handwerk die Rede ist: u.a. Florist, Keramiker, Bildhauer oder Kunstschmied. Das Handwerk ist jedoch in sehr viel mehr Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens präsent, als man zunächst annehmen mag. Zu den Bereichen des Handwerks gehören ebenfalls Mechanik, Körperpflege, Bauingenieurwesen, Ernährung oder Kommunikation. Somit spielt das Handwerk eine wichtige Rolle im Wirtschaftsgefüge sowie bei der Schaffung von Arbeitsplätzen in Luxemburg. Vor diesem Hintergrund kann durch die Gründung neuer Unternehmen oder die Übertragung/Übernahme von Betrieben die Nachhaltigkeit der Branche sichergestellt werden.

Der wichtigste Arbeitgeber in Luxemburg

Seit den 90er Jahren nimmt die Anzahl an Handwerksbetrieben zu und es werden weiterhin Arbeitsplätze in dieser Branche geschaffen. In der Tat ist das luxemburgische Handwerk mit 7.778 Betrieben, 98.040 Angestellten und 1.764 Auszubildenden im Jahr 2019 mit 21% der Gesamtbeschäftigung der wichtigste Arbeitgeber des Landes. Die Branche spielt demnach eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und bietet auch Karrieremöglichkeiten.

Jedoch sind in den kommenden Jahren mehrere Herausforderungen zu bewältigen. Einerseits wäre da die Kluft zwischen der Nachfrage nach Arbeitnehmern und dem Angebot an einheimischen Arbeitskräften. In der Tat leben 52% der Arbeitnehmer im Handwerk nicht in Luxemburg. Auch wenn dies zeigt, dass die Branche ein Integrationswerkzeug ist, besteht weiterhin ein dringender Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften für eine wettbewerbsfähige Entwicklung der Branche.

Andererseits zeigt die Alterspyramide der Arbeitnehmer, dass im Laufe der nächsten 10 Jahre mehr als 20.000 Personen in Rente gehen und somit ersetzt werden müssen. In der Tat sind mehr als 26% der Arbeitnehmer in der Handwerksbranche älter als 50 Jahre, während sie die Schlüsselakteure für die Vermittlung des Know-hows an die neue Generation sind. Dies gilt auch für die Geschäftsleiter: 2019 haben zum Beispiel mehr als 1.100 Unternehmensleiter das Alter von 60 Jahren überschritten und viele von ihnen haben sich auf die Suche nach einem Nachfolger begeben.

Angesichts dieser Herausforderungen erweist sich ein angemessener Bildungsrahmen für den Erwerb von sowohl technischen und manuellen Fähigkeiten als auch von Unternehmensführungskompetenzen als wesentlich. In dieser Hinsicht wurden in Luxemburg in den letzten Jahren Ausbildungen geschaffen, welche die berufliche Weiterentwicklung in zahlreichen Berufen der Handwerksbranche ermöglichen.

Ferner hat die Handwerkskammer eine Unternehmensbörse eingerichtet, um Verkäufer mit potenziellen Übernehmern in Kontakt zu setzen und so die Übertragung von Unternehmen zu fördern und zur Nachhaltigkeit der Branche beizutragen.

Die Übertragung von Unternehmen im Fokus

Die Übertragung von Unternehmen ist ein grundlegender Aspekt für das Handwerk, da die Stabilität der Branche und somit die Schaffung von Arbeitsplätzen gewährleistet wird. Für zahlreiche Unternehmensleiter, die dem Rentenalter näher rücken, ist der Zeitpunkt gekommen, einen Nachfolger zu suchen und den Übernehmer auf die Übertragung/Übernahme der Gesellschaft vorzubereiten.

Wir haben uns mit zwei Unternehmern unterhalten, die vor Kurzem fest etablierte Unternehmen in ihrem jeweiligen Bereich übernommen haben, damit sie uns die Übertragung in einigen Worten erklären.

Anne Le Moigne – Tartefine Bio Luxembourg

Anne Le Moigne hat 2018 die Bäckerei Scott übernommen, die für die Qualität ihrer Produkte und die biologische Herstellung bekannt ist. Nunmehr unter dem Namen Tartefine Bio Luxembourg bekannt, konnte die Bäckerei sich die langjährige Erfahrung und das handwerkliche Know-how zu Nutze machen, sich dabei auch auf die Arbeitnehmer verlassen und die Bio-Rezepte, die Stärke der Bäckerei, beibehalten.

1. Wieso haben Sie die Bäckerei Scott übernommen?

Wir haben die Bäckerei Scott übernommen, weil es sich um ein wunderbares Unternehmen auf einem florierenden Markt handelt: dem Bio-Markt. In der Tat haben die vorherigen Unternehmensleiter ihre Entwicklung auf die Innovation ausgerichtet, sie waren die Vorreiter dieses Modells in Luxemburg. Uns war es wichtig, ein finanziell gesundes Unternehmen mit einem hohen Entwicklungspotenzial zu übernehmen.

2. Wie lief die Übertragung ab?

Die Übertragung war relativ einfach, da das vorhandene Team über langjährige Erfahrung und Betriebszugehörigkeit im Unternehmen verfügte. Die Unternehmensleiter wollten in Rente gehen. Ich glaube, dass sie sich freuen zu sehen, dass ihr Unternehmen auch heute noch weiter besteht und dass die Übertragung geglückt ist.

Anne Le Moigne (links) hat die Scott Bakery 2018 übernommen und die Ergebnisse sind sehr positiv.
© Tartefine Bio, alle Rechte vorbehalten

3. Welches Fazit ziehen Sie aus dieser Erfahrung?

Wir ziehen ein rundum positives Fazit aus dieser Erfahrung, sowohl aus menschlicher als auch aus beruflicher Sicht. Die Übernahme eines Unternehmens ist im Gegensatz zur Unternehmensgründung in den ersten Monaten schwierig. Es ist ein bisschen so, als würde man den Job wechseln und morgens ein ganz neues Team kennenlernen. Dies gilt auch für die Arbeitnehmer, die natürlich Angst vor dem Wechsel haben. Jeder hat seine Gewohnheiten und seine Methoden, und jeder muss seine Komfortzone verlassen, um sich an den jeweils anderen zu gewöhnen. Man muss das Team für sich gewinnen und den Wechsel vorantreiben. Heute haben wir eine beachtliche Umsatzsteigerung erreicht und wir haben in Material investiert, um uns an neue Projekte heranzuwagen.

Patrick Elsen - Menuiserie Kraemer

Patrick Elsen hat 2018 die Menuiserie Kraemer übernommen. Tradition, Qualität und Know-how - so lauten die Grundsätze dieser Schreinerei, deren Übertragung noch nicht abgeschlossen ist.

1. Wieso haben Sie die Menuiserie Kraemer übernommen?

Ich war auf der Suche nach einem Unternehmen von einer gewissen Größe mit einer Struktur für die Produktion und das Projektmanagement. Ich bin ausgebildeter Ingenieur und war bereits im Bereich des Projektmanagements tätig. Meine Familie war stets im Bereich des Unternehmertums unterwegs, und somit war ich mit diesem Leben vertraut. Im Leben geht es oft darum, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, und für die Menuiserie Kraemer und mich selbst scheint dies der Fall gewesen zu sein.

2. Wie lief die Übertragung ab?

Wir befinden uns gerade in der Mitte des Prozesses, da wir drei Projekte gleichzeitig abwickeln:

  • Übernahme der Geschäftsleitung durch mich;
  • Treffen mit neuen Partnern aus der Braubranche;
  • Bau eines neuen Standorts im Industriegebiet ZANO [zone industrielle Fridhaff du syndicat intercommunal ZANO].

3. Welches Fazit ziehen Sie aus dieser Erfahrung?

Da wir uns noch mittendrin befinden, kann ich das noch nicht mit Sicherheit sagen. Ich kann aber schon sagen, dass wir das Tagesgeschäft und die tägliche Geschäftsführung übernommen haben. Es hat Vor- und Nachteile, als Unternehmen oder in einem Tätigkeitsbereich nicht zu wachsen. Sicher ist jedoch, dass ein Unternehmen, das in Untersicherheit lebt, in gewisser Weise auf sein Ende zusteuert. Sobald die Perspektiven und die Strategie festgelegt sind, braucht es Zeit, um Strukturen zu erneuern, Denkweisen zu ändern und Veränderungen auf allen Ebenen herbeizuführen.

© Menuiserie Kraemer, alle Rechte vorbehalten

Die Interviews wurden für die Zwecke des Artikels bearbeitet.