Biologische Landwirtschaft
Luxemburgs Landwirtschaft befinden sich aktuell im Umbruch. Viele Landwirte sind bereit umzudenken, weg von der konventionellen Landwirtschaft und bestehenden Handelsketten, hin zu einer lokalen Direktvermarktung, die Kundschaft direkt anspricht. Auch die nachhaltige Produktion ist eine Alternative, die immer mehr Bauern hierzulande anspricht, und auf eine Kundschaft trifft die bereit ist, diesen Weg mitzubeschreiten. Der Weg dahin ist allerdings lange, gibt Charel Noesen, Bio-Bauern aus Cruchten im Zentrum Luxemburgs zu bedenken, denn Umdenken braucht Zeit. Und Vorreiter, die sich auf der Suche nach Qualität und nachhaltiger Produktion immer ehrgeizigere Ziele stecken.
Die Grenzen der konventionellen Landwirtschaft
"Den Hof "Trifolie" in Cruchten, einem 600-Seelen Dorf im Zentrum Luxemburgs, gibt es bereits seit Jahrhunderten, und ist seit wenigstens 150 Jahren in der Hand einer Familie," so Charel Noesen nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme. Der Landwirt aus Überzeugung führt den Hof gemeinsam mit seinen Brüdern Pol und Willy, daher auch der Name. Alle drei haben sich der biologischen Landwirtschaft verschrieben, eine Entscheidung, an der Charel Noesen erheblich mitwirkte. Warum also der Wandel?
"Ich habe Umweltingenieurwissenschaften studiert," so Charel Noesen. "Während des Studiums habe ich mich darüber hinaus verstärkt für das Thema Wasser interessiert. Dieses Studium hat mir die Grenzen der konventionellen Landwirtschaft immer wieder vor Augen geführt." Einwände, dass die biologische Produktion nicht genug für die Ernährung der Menschen produzieren könnte, lässt er nicht gelten: "Wir müssen bei der Ernährung umdenken. Bereits heute werden 2/3 der landwirtschaftlich genutzten Flächen auf der Welt dazu genutzt, Futter für die Tierhaltung herzustellen. Tierische Produkte machen allerdings nur rund 1/3 der Ernährung aus." Seine Horror-Vorstellung wäre, wenn der Rest der Welt denselben Konsum an den Tag legen würde wie die Europäer.
"Wissenschaftlich betrachtet führt also kein Weg an Bio vorbei," so Noesen weiter. "Politisch gesehen ist es zwar gewollt, dass Lebensmittel günstig sind, wenn man allerdings die Auswirkungen auf die Biodiversität, so wie die Wasser- und Bodenbelastung mit in Rechnung stellt, das so genannte True Cost Accounting, dann sind konventionell hergestellte Lebensmittel teurer als biologisch hergestellte."
Ehrgeizige Ziele in Luxemburg
Und das Bewusstsein dazu? Charel Noesen gibt sich hier optimistisch: "Das Bewusstsein für Bio ist europaweit gut etabliert. Hier nimmt die EU klar eine Vorreiterrolle ein, denn Andere kriegen das nicht so hin." Hauptsächlich das EU-Label und die damit verbundenen Kontrollen sind für Noesen ein Hauptgrund dafür, dass Kunden diesem weiter vertrauen, trotz vieler Versuche des Greenwashings, also dem Versuch von Unternehmen, sich ohne ausreichende Grundlage ein umweltfreundliches Image zu geben.
Unter True Cost Accounting versteht man eine Methode der Preisberechnung, die nicht nur den Preis der Rohstoffe, Produktion und der Vermarktung beherzigt, sondern auch die Auswirkungen auf das natürliche und soziale Umfeld in Betracht zieht. Demnach sind viele Produkte aus konventioneller Landwirtschaft eigentlich teurer als biologisch erzeugte Produkte, wenn man die Schäden mit rechnet, die durch ihre Produktion angerichtet werden.
Aber in Luxemburg verfolgt man ehrgeizigere Ziele: "Das BioLëtzebuerg Label steht für Regeln die noch strenger sind als die, die ohnehin in der EU gelten. Ein Beispiel ist die Viehhaltung. Das EU-Label gibt als Vorgabe, dass die Tiere Auslauf haben müssen – das Bio Lëtzebuerg Label sagt aber, dass die Tiere Zugang zu einer Weide haben müssen."
Das Label ist eine von vielen Initiativen von Luxemburgs Landwirten. So haben viele Höfe die Direktvermarktung ausgebaut. "Die Direktvermarktung ist ein Standbein mit Potential für Landwirte," so Noesen. "Die Menschen erhalten eine direkte Einsicht in die Produktion, und unter dem Strich bleibt mehr für die Produzenten. Viele Bauern in Luxemburg liebäugeln auch mit der biologischen Landwirtschaft, aber es gibt noch immer Widerstände, weil die landläufige Meinung sich hält, dass Bio die Menschen nicht ernähren kann. Auch können Erzeugnisse aus konventioneller Produktion auf einem Weltmarkt gehandelt werden, was bei Bio nicht immer möglich ist. Luxemburgische Milch wird beispielsweise nach China verkauft, aber biologische Erzeugnisse haben ihren Absatzmarkt lokal. Und diese lokalen Verarbeitungs- und Vermarktungswege müssen erst noch aufgebaut werden."
Ausbau von Hilfen, Beratung und Kontrollen
Aber lohnt sich das denn auch für die Bauern? Denn biologische Landwirtschaft kann nicht die selben Mengen hervorbringen wie die konventionelle Landwirtschaft. "Biologische Landwirtschaft ist immer mit mehr Aufwand verbunden," so Charel Noesen bestimmt. "Allerdings benötigen wir ein Umdenken bei der Produktion – immer mehr und immer billiger ist keine Lösung." "Der Wechsel hin zu mehr biologischer Landwirtschaft geht sehr langsam," gibt er zu bedenken. "Viele Landwirte lassen sich beraten, zum Beispiel vom Institut für biologische Landwirtschaft und Agrarkultur (IBLA). Und die Kollegen sehen natürlich, dass wir zwar etwas weniger Ertrag haben, aber dafür keine Spritzmittel und Dünger aus der Tüte ausbringen, das macht neugierig."
Rechnet sich denn der Aufwand? "Natürlich bedeutet dies auch beträchtlich mehr Aufwand für die Bauern, aber die Luxemburger ziehen mit," gibt sich Noesen optimistisch.
"Vieles ist heute noch für eine konventionelle Landwirtschaft ausgelegt," bedauert er. "Einiges tut sich aber momentan. So werden die Hilfen für den biologischen Anbau erhöht und die Beratung und Kontrolle ausgebaut."
Trotz vieler Widerstände hat sich Luxemburg dem Ziel verschrieben, dass 2025 20% der hiesigen landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus biologischer Produktion kommen sollen. Ein Ziel das Charel Noesen durchaus als ehrgeizig ansieht.
2017 übernahmen Charel, Pol und Willy Noesen zusammen den elterlichen Betrieb. Die drei Brüder haben sich verschiedenen Bereichen verschrieben, mit dem Ziel, eine nachhaltige und transparente Landwirtschaft im Einklang mit der Natur und mit Respekt vor Tier und Boden zu führen. Charel treibt aktuell die Legehennenhaltung voran, während sich Willy dem Gemüseanbau und Pol der Milchviehhaltung widmet. Der Hof ist Mitglied der Vereinigung Biolandwirtschaft Luxemburg.
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