Luxemburger bei den Olympischen Spielen
Seit der Eröffnung der Olympischen Spiele der Neuzeit durch den französischen Baron Pierre de Coubertin im Jahr 1896 hat Luxemburg insgesamt 24 Mal an den Sommerspielen teilgenommen. Dieses über 100-jährige Vermächtnis beinhaltet Geschichten zahlreicher luxemburgischer Olympioniken, die nach einer Medaille strebten. Hier stellen wir sechs dieser Athleten ins Rampenlicht, die die olympische Geschichte des Landes prägten.
Jean Jacoby: bis heute unerreichter olympischer Künstler
Geboren in Luxemburg und aufgewachsen in Frankreich, lebte Jean Jacoby (1891-1936) ein durch und durch kreatives Leben. Bereits früh erkannten seine Lehrer sein angeborenes künstlerisches Talent, was ihn zu einem Studium an der Schule der Schönen Künste in Straßburg führte. Obwohl seine künstlerische Karriere nur langsam Fahrt aufnahm, gelangte Jacoby 1923 zu internationalem Ruhm, als er mit seiner Zeichnung Hürdenlauf den französischen Concours de l'Auto gewann und damit 4000 Mitbewerber hinter sich ließ. 1924 setzte sich sein Aufstieg als vielversprechender Künstler weiter fort, als er eine Goldmedaille im Rahmen der olympischen Kunstwettbewerbe in Paris gewann und damit 193 Rivalen schlug. Vier Jahre später holte er bei den Olympischen Spielen in Amsterdam eine weitere Goldmedaille, was ihm seine Stellung als höchstdekorierter olympischer Künstler aller Zeiten sicherte.
Verlorene Ehren
Leider sind die Medaillen aus diesen Kunstwettbewerben heute nicht offiziell anerkannt, was die hart verdienten Errungenschaften von Jean Jacoby verblassen lässt. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass er seinen Titel je verlieren wird, da die Kunstwettbewerbe nur von 1912 bis 1948 Teil der Olympischen Spiele waren.
Jos Alzin: Luxemburgs enttäuschter erster Medaillengewinner
Wir schreiben das Jahr 1920, und die Olympischen Spiele locken viele Sportbegeisterte nach Antwerpen (Belgien). Unter den motivierten Teilnehmern befindet sich der 26-jährige Joseph Alzin (1893-1930), besser bekannt als Jos, der bei den Gewichthebern im Schwergewicht an den Start ging. Nachdem er sich gegen 51 Mitstreiter durchgesetzt hat, trifft er in der letzten Runde auf seinen italienischen Rivalen Filippo Bottino. Bedauerlicherweise übertrifft Bottino Alzins Versuch, woraufhin der Luxemburger Bottinos Versuch vergeblich als ungültig anfechtet; dementsprechend blieb ein wütender Alzin auf dem zweiten Platz zurück.
Eine von Kontroversen umhüllte Medaille
Laut einigen Quellen hat Alzin seine Silbermedaille angeblich sogar abgelehnt. In einem späteren Interview mit einer Marseiller Zeitung prangerte er die schlechte Organisation des Events sowie die Inkompetenz und Parteilichkeit der Jury an, was ihn dazu veranlasste, die Spiele als Ort zu bezeichnen, an dem "der Glanz des Sports in eine infame Parodie verwandelt wurde".
Eigentlich war Alzin der erste Luxemburger, der offiziell eine Medaille für das Großherzogtum bei den Olympischen Spielen gewann. Die Kontroversen um Michel Théato machen dies jedoch zu einem umstrittenen Thema.
Josy Barthel: eine nationale olympische Legende
Joseph Barthel (1927-1992), allgemein bekannt als Josy, ist der einzige Olympionike des Großherzogtums, der eine Goldmedaille mit nach Hause brachte. Geboren und aufgewachsen in Luxemburg, war Barthel im Alter von 17 Jahren nur knapp dem Wehrdienst unter der Deutschen Besatzung entkommen. Nach dem Krieg begann der Aufstieg des luxemburgischen Mittelstreckenläufers in der Athletenszene durch den Gewinn zahlreicher Meisterschaften bis 1951. Der für seine bemerkenswerten Sprinte bekannte Barthel nutzte sein Talent, um den 1500-Meter-Lauf bei den Olympischen Spielen in Helsinki im Jahr 1952 mit einem Sieg für sich zu entscheiden. Dieser Triumph festigte seinen Namen in der olympischen Geschichte Luxemburgs, und kurz nach seinem viel zu frühen Tod 1992 wurde sein Vermächtnis mit einem nach ihm benannten Gymnasium bzw. Fußballstadion gewürdigt.
Berufliche Laufbahn
Obwohl er den meisten Leuten aufgrund seiner olympischen Errungenschaft bekannt ist, gehen Barthels Gewissenhaftigkeit und Beharrlichkeit weit über den Sport hinaus. Er war Diplomchemiker und Harvard-Absolvent in Umweltschutz. Nach seiner sportlichen Karriere war er Vorsitzender des Luxemburger Leichtathletik-Verbandes, Vorsitzender des Luxemburgischen Olympischen Komitees und später sogar Minister für Verkehr, Energie, Umwelt und Tourismus.
Michel Théato: der Franzose, der schlussendlich Luxemburger war
Der Sieg des Luxemburgers Michel Théato (1878-1923) im Marathon bei den Olympischen Spielen von Paris im Jahr 1900 bietet Stoff für Legenden. Unter der sengenden Sonne verloren sich die Teilnehmer in den belebten Straßen von Paris, und die französischen Gewinner Michel Théato und Émile Champion wurde von den US-Athleten beschuldigt, ihre Kenntnis der Straßen von Paris ausgenutzt zu haben, um Abkürzungen zu nehmen. Théatos Sieg, der von den Richtern bestätigt wurde, war der erste Olympiasieg für Frankreich in der Disziplin Leichtathletik.
Eine unklare Situation
Moment mal, was? Ein französischer Sieger? In der Tat lebte Michel Théato in Paris und trat für das französische Team an. Etwa 100 Jahre später stellte sich allerdings heraus, dass er niemals die französische Staatsbürgerschaft beantragt hatte, was seinen Sieg eigentlich zu einem Sieg für Luxemburg machte. 2004 versuchte Luxemburg offiziell, Théatos Medaille für sich geltend zu machen – aber vergebens. Er wird weiterhin als französischer Läufer geführt, obwohl auf seinem Profil auf der Website des IOC seine luxemburgische Herkunft erwähnt wird.
Edmond Schmitt: der letzte Fackelläufer im Jahr 1948
Wir befinden uns im Jahr 1948, und die Spiele von London sollen bald eröffnet werden. Zum zweiten Mal in der Geschichte wird ein Fackellauf durchgeführt. Angefangen in Athen, wird die olympische Fackel durch sieben Länder getragen, darunter Luxemburg. In Luxemburg nehmen insgesamt 38 Läufer an dem Event teil und reichen die Fackel über eine Strecke von insgesamt 108km von Frisingen über Esch an der Alzette, Luxemburg-Stadt, Ettelbrück und Wiltz einander weiter.
Drei unvergessliche Kilometer
Unter ihnen ist Edmond Schmitt (*1927), ein Kurzstreckenläufer im nationalen Leichtathletikteam Luxemburgs, und heute mit 96 Jahren das letzte noch lebende Mitglied des Fackellaufteams. Gemeinsam mit einem Teamkollegen nimmt er die Fackel gegen 2.30 Uhr in Empfang und trägt sie über eine Strecke von 3km, einer der unvergesslichsten Momente seines Lebens. Er erinnert sich, dass er sich geehrt fühlte, ausgewählt worden zu sein – aber auch daran, dass sich die Fackel auf seiner Etappe des Laufs auf einmal ziemlich schwer anfühlte.
Joséphine Jaans und die ersten Olympischen Frauenspiele
Joséphine Jaans (1890-1988) wurde in eine Welt hineingeboren, die nicht gerade nett auf Frauen im Sport blickte. Nach zwei Gymnastik-Trainingslagern in der Schweiz wurde sie Lehrerin und begann 1916, Sport zu unterrichten. In den 1920er Jahren unterstützte sie Alice Milliat und andere Frauen bei ihrer Lobbyarbeit für die Teilnahme von Frauen an den Olympischen Spielen von 1924 – was das Olympische Komitee als "uninteressant, unästhetisch und falsch" betrachtete.
Eine resolute Pionierin
Als Reaktion darauf organisierten sie die Frauenolympiade und die Frauen-Weltspiele. Das letzte Event im Jahr 1922 brachte Athletinnen aus 5 Ländern und über 20.000 Zuschauer zusammen! Ein Erfolg, der zur Legitimierung der Frauen im Sport beitrug. Joséphine Jaans rief später den luxemburgischen Frauensportverband ins Leben und unterstützte die Gründung weiblicher Basketballteams. Diese bemerkenswerte Frau, die auch der Widerstandsbewegung im Zweiten Weltkrieg angehörte, gilt heute als Pionierin des Frauensports in der luxemburgischen Gesellschaft.
Zum letzten Mal aktualisiert am