Kreislaufwirtschaft: Auch Informationen müssen die Runde machen

Während Jahrhunderten basierten unsere Volkswirtschaften auf einer linearen Ressourcennutzung: kaufen, nutzen, wegwerfen. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist die Vermeidung der Abfallerzeugung an sich durch Wiederverwendung, Reparatur oder Aufbereitung von Produkten über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Für eine wirksame Kreislaufwirtschaft müssen allerdings nicht nur Ressourcen sondern auch Informationen zirkulieren.
Den Bedarf an standardisierten Daten zur Kreislauffähigkeit decken
Dazu müssen nicht nur die Produkte "circular by design" sein, sondern alle beteiligten Akteure benötigen ebenfalls weitergehende Informationen über die Zusammensetzung der Produkte, vom Rohstoff bis zum Endprodukt, von der Nutzungsphase bis zum Recycling.
2019 hat das luxemburgische Ministerium für Wirtschaft ein Datenblatt namens Product Circularity Data Sheet (Datenblatt zur Produktzirkularität - PCDS) eingeführt. Das Ziel dabei ist, den Austausch von Informationen über die Kreislauffähigkeit zu erleichtern. Die Informationen sind klar, überprüfbar und standardisiert. Dank seiner 130 Angaben deckt es den gesamten Lebenszyklus eines Produkts einfach ab.
Die Initiative ist ein herausragendes Beispiel für Luxemburgs datenbasierte Innovationsstrategie (Data-driven Innovation Strategy) zur Förderung der Kreislaufwirtschaft durch die Nutzung von Big-Data-Lösungen. Unternehmen aus 12 europäischen Ländern haben an dieser Initiative teilgenommen.
Geobloc: Präsentation eines konkreten Falls
Geobloc, ein auf die Herstellung von rohen Ziegelsteinen spezialisiertes Unternehmen in Luxemburg, hat erfolgreich sein erstes Product Circularity Data Sheet Luxembourg in Zusammenarbeit mit TerraMatters, der Referenzplattform für die Erstellung der PCDS, generiert. Diese Initiative ermöglichte dem Unternehmen unter anderem:
- ein besseres Verständnis seines eigenen Produktionszyklus und die Identifizierung von Verbesserungsschwerpunkten;
- die Erstellung einer ausführlichen Diagnose im Hinblick auf die verwendeten Materialien und deren Kreislauffähigkeit;
- einen transparenteren Dialog mit seinen Lieferanten, um genauere Daten zu den Rohstoffen und deren Auswirkungen zu erhalten;
- die Einführung eines externen Prüfungsprotokolls zur Untermauerung der Glaubwürdigkeit seiner Umwelterklärungen.
Während der Erstellung des PCDS wurde Geobloc zudem dazu angeregt, seine Methoden im Ressourcenmanagement zu überarbeiten und Richtlinien zu entwickeln, um sicherzustellen, dass seine Produkte am Ende ihres Lebenszyklus weiterhin recycelbar sind. Diese Erfahrung hat gezeigt, dass das PCDS jedem Unternehmen, das seinen Ansatz in Sachen Kreislaufwirtschaft ausbauen möchte, als strategisches Tool dienen kann.
Ein auf einem dreigliedrigen System basierendes Modell
Damals haben sich über 50 Unternehmen aus 12 Ländern und Branchenführer dem Projekt angeschlossen, um das PCDS in Sektoren wie beispielsweise dem Bauwesen und den schnelllebigen Konsumgütern zu bereichern. Das PCDS wurde den wichtigsten Plattformen und Marktführern der Kreislaufwirtschaft auf internationaler Ebene vorgestellt, um weitere Vorschläge und Kommentare einzuholen. Das Ziel bestand in der Bekanntmachung des Projekts und der Förderung seiner Akzeptanz bei bestehenden Initiativen und betroffenen Akteuren.
Es setzt sich aus drei Teilen zusammen:
- Datenstandard: Das PCDS beinhaltet ein standardisiertes Datenmodell, das die für jedes Produkt relevanten zirkulären Informationen beschreibt.
- Datenaustausch: Das PCDS verwendet ein dezentralisiertes Datenaustauschprotokoll, das die wirksame Verbreitung der Informationen während der gesamten Lieferkette ermöglicht.
- Prüfung durch Dritte: Ein Prüfungsverfahren durch eine Drittpartei gewährleistet die Zuverlässigkeit der bereitgestellten Daten und schützt die Hersteller auf diese Weise vor unbeabsichtigten Fehlern.
Herausforderungen und Ziele
Im Rahmen von laufenden Projekten wurden verschiedene Hindernisse festgestellt, die zu einer umfassenden Überlegung über den angemessenen Lösungsweg führten. Diese Hindernisse sind auf die begrenzte Verfügbarkeit von Basisdaten der Kreislaufwirtschaft zurückzuführen:
- Daten sind nicht in einem Standardformat verfügbar.
- Die meisten Daten über die Kreislauffähigkeit befinden sich in unterschiedlichen proprietären zentralen Datenbanken, weshalb kein universeller und offener Mechanismus für einen problemlosen Austausch von Basisdaten entlang der Lieferkette vorhanden ist.
- Daten sind oft unbekannt oder nicht öffentlich zugänglich, was entweder auf Betriebsgeheimnisse oder auf eine fehlende Datenerfassung in Unternehmen zurückzuführen ist.
- Daten werden nicht durch einen unabhängigen Dritten bestätigt.
- Infolgedessen müssen Informationen über die Kreislauffähigkeit anhand von kostspieligen und arbeitsaufwendigen Verfahren häufig aus verschiedenen Quellen und über diverse Kanäle zusammengetragen werden.
Um diese Problemstellungen zu überwinden, hat sich das PCDS-Projekt zu einem normativen Rahmenwerk und einem strukturierten Governance-Modell hin weiterentwickelt.
ISO 59040
Die Internationale Organisation für Normung (ISO) veröffentlichte die Norm ISO 59040, Product Circularity Data Sheet (PCDS), um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Diese mit Unterstützung des luxemburgischen Ministeriums für Wirtschaft entwickelte Norm bietet einen standardisierten Rahmen, um die Produktzirkularität zu bewerten und zu kommunizieren. Luxemburg spielte bei deren Ausarbeitung und Einsatz eine Schlüsselrolle, was die Spitzenposition des Landes im Bereich der Kreislaufwirtschaft unterstreicht.
Die Norm ISO 59040 hilft den Unternehmen, den zunehmenden Vorschriften, wie beispielsweise der europäischen Verordnung über nachhaltige Produkte (ESPR) und der Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), nachzukommen. Sie bietet ein strukturiertes Format für Daten zur Produktzirkularität und fördert so die Transparenz und die datenbasierte Entscheidungsfindung.
Luxemburg ist mit seinen politischen Initiativen und fortschrittlichen Forschungsprojekten als Innovationsstandort für die Kreislaufwirtschaft anerkannt. Die Verabschiedung der Norm ISO 59040 bekräftigt diese Position und unterstützt so die Industrien beim nachhaltigen Ressourcenmanagement in diversen Sektoren wie dem Bauwesen, der Fertigung, der Elektronik und der Textilindustrie.
Ein bisschen Geschichte
Das Ministerium für Wirtschaft hat die PCDS-Initiative 2018 ins Leben gerufen, um eine Industrienorm für Daten zur Produktzirkularität zu generieren. Ein standardisiertes Datenmodell wurde 2019 entwickelt, und im Jahr 2020 haben sich mehrere Unternehmen dem Projekt angeschlossen und es getestet. Um die Zuverlässigkeit der aus den PCDS resultierenden Daten zu gewährleisten, wurde ein Prüfungsverfahren durch eine Drittpartei eingeführt. Die Arbeiten zum Ausbau der IT-Landschaft wurden fortgeführt, und das PCDS wurde der Internationalen Organisation für Normung (ISO) im Rahmen der Partnerschaft mit dem ILNAS – dem Luxemburgischen Institut für Normung, Zulassung, Sicherheit und Qualität von Produkten und Dienstleistungen – vorgelegt. Seit 2022-2023 gilt das PCDS als verabschiedet und umgesetzt.
Im Jahr 2022 entwickelten das Ministerium für Wirtschaft und die Handelskammer die Plattform TerraMatters, um die Förderung und Massennutzung des PCDS sicherzustellen.
TerraMatters: eine Antriebskraft für die Demokratisierung des PCDS
Das luxemburgische Ministerium für Wirtschaft hat sich mit der luxemburgischen Handelskammer zusammengetan, um die Wirtschaftliche Interessenvereinigung (GIE) TerraMatters zu gründen. TerraMatters begleitet Unternehmen bei der Implementierung des PCDS als standardisiertes und interoperables Tool zur Erleichterung der Erfassung und des Austauschs von Informationen über die Produktzirkularität. Dank der GIE TerraMatters, wird die Nutzung des PCDS massiv gefördert, und zwar insbesondere in strategischen Sektoren wie dem Bauwesen und den schnelllebigen Konsumgütern.
Zum letzten Mal aktualisiert am